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Agrar-Treffpunkt Weser-Ems: "Betriebsentwicklung in der Zukunft - ist weniger mehr?"

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 12/2016

Am 3. November fand der 15. Agrar-Treffpunkt mit dem Titel „Betriebsentwicklung in der Zukunft – Ist weniger mehr?“ im Akademiehotel Rastede statt.

In der Vergangenheit fand die Betriebsentwicklung hauptsächlich durch Wachstum und Spezialisierung statt. Dabei nahmen die einzelbetrieblichen Investitionen zu und die Investitionsintervalle ab. Durch baurechtliche Veränderungen sind die klassischen Wachstumsinvestitionen massiv zurückgegangen. Stattdessen ergibt sich der Trend in fast allen Produktionszweigen zu mehr Diversifizierung. Ziel der Abendveranstaltung war es, verschiedene Entwicklungsstrategien aufzuzeigen und die aktuellen Trends in den einzelnen Produktionszweigen zu beleuchten.

Es referierte Uwe Bintz von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Emsland. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die Einzelbetriebliche Förderung (AFP), die Wirtschaftsberatung und die Betriebsanalyse und -planung.

Binz unterteilte seinen Vortrag in drei Bereiche:

1. Entwicklung der Betriebe

Zur Entwicklung der Betriebe der Betriebe führte Uwe Bintz aus, dass in den letzten Jahren die Investitionen in die Veredlung erheblich zugenommen haben. Dabei werden die Einzelbetrieblichen Investitionsintervalle deutlich kürzer, während sich die Höhe der Investitionen gegenüber früheren Jahren vervielfacht haben. Aus der zunehmenden Spezialisierung ergeben sich Vorteile in der Kostendegression. Umgekehrt steigen die Marktrisiken und die Fremdkapitalbelastung. Durch die Veränderungen im Baugesetz wird es zukünftig einen deutlichen Rückgang der Investitionen in Stallbauten geben.

Durch den Einstieg in Erneuerbare Energien haben sich viele Betriebe einen zusätzlichen Produktionszweig geschaffen. Allerdings ist sowohl bei Photovoltaik als auch bei Biogas aktuell wie auch zukünftig mit Investitionsrückgängen zu rechnen.

Dabei unterliegt das Image des Landwirtes in der Öffentlichkeit einem deutlichen Wandel. Während in den zurückliegenden Jahren die Dorfbevölkerung als auch die Genehmigungsbehörden den betrieblichen Wachstumsschritten eher wohlwollend gegenüber standen, wird dies seit einigen Jahren sehr kritisch beurteilt. Hieraus ergeben sich neue Herausforderungen für die landwirtschaftliche Familie hinsichtlich der Kommunikation und Außendarstellung in der Region.

Durch die große Flächennachfrage der Betriebe in Veredlungsregionen sind die Pacht- und Kaufpreise in den letzten Jahren rasant angestiegen. Dabei ist die Spannbreite der Pachtpreise in den Dörfern häufig sehr groß. Während viele Altpachtverträge immer noch bei unter 500 Euro je ha liegen, werden für Neuverpachtungen von Ackerflächen, die über Makler vermittelt werden, in der Regel über 1.000 Euro gezahlt. Hintergründe für diese Entwicklung sind vielschichtig:

  • Pauschalierungsvorteile landwirtschaftlicher Veredlungsbetriebe
  • Anstieg der Marktpreise im Ackerbau
  • Regionaler Anbau von Sonderkulturen mit überdurchschnittlichen Umsätzen
  • Futterflächenbedarf wachsender Rindviehbetriebe
  • Hoher Flächenbedarf der Biogasanlagen
  • Nährstoffproblematik viehintensiver Betriebe
  • Bedarf an Futterfläche bezüglich landwirtschaftlicher Bauvorhaben

Während der Produktionsfaktor Kapital aktuell und in der Vergangenheit sehr günstig und im Bereich Landwirtschaft relativ unproblematisch zur Verfügung steht, führt der Faktor Arbeit zu zunehmenden Schwierigkeiten auf den Betrieben. Viele wachstumswillige Familienbetriebe bewegen sich arbeitstechnisch an der oberen Belastungsgrenze. Der Einkauf von Arbeit über Teilzeit- oder auch feste Mitarbeiter stellt zusätzliche Anforderungen an den Landwirt hinsichtlich Arbeitsorganisation, Mitarbeiterführung und leistungsgerechter Bezahlung.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass in viehintensiven Regionen deutlich höhere Investitions- und Produktionskosten entstehen können als in Gebieten mit geringerer Viehdichte. Höhere Stallbaukosten durch teuere Baugenehmigungsverfahren, entsprechende Filtertechnik in den Stallanlagen, Mehrwertsteuernachteil bei Gewerbebetrieben und Kosten für Gülleentsorgung führen teilweise zu erheblichen Rentabilitätsnachteilen.

2. Rentabilität von Investitionen

Bei praxisüblichen Wachstumsschritten in die jeweiligen Produktionsbereiche wurden von Uwe Bintz folgende Grundsatzaussagen getroffen.

Mit einem durchschnittlichen Leistungsniveau ergeben sich in nahezu allen Produktionsbereichen negative beziehungsweise unbefriedigende Unternehmergewinne. Wird mit den Deckungsbeiträgen der 25 Prozent erfolgreichen Betriebe kalkuliert, lassen sich folgende Abstufungen vornehmen:

Nach der Entlohnung aller Produktionsfaktoren (Boden, Arbeit, Kapital) wird es selbst für erfolgreiche Bullenmäster schwer einen positiven Unternehmergewinn zu erwirtschaften. Milchviehhalter, Ferkelerzeuger und Schweinemäster liegen auf einem annähernd gleichen Gewinnniveau. In den Bereichen Hähnchenmast und Legehennenfreilandhaltung lagen die Unternehmergewinne im langjährigen Durchschnitt über den anderen Betriebszweigen in der Tierhaltung. Aufgrund des deutlichen Anstiegs der Marktpreise für Ackerbauprodukte und der damit verbundenen Verteuerung der Futtermittelpreise kam es in den letzten Jahren in der Geflügel- und Schweinehaltung zu Einbußen, während Ackerbau- und Milchviehbetriebe deutliche Gewinnzuwächse verbuchen konnten.

Neben der heterogenen Marktsituation verschiedener Produktionszweige gibt es nach wie vor eine große Spannbreite in der Leistungsqualität zwischen den Landwirten. Umso wichtiger ist es für die Gesamtwirtschaftlichkeit der Betriebe, vorhandene Produktionsreserven konsequent zu nutzen. Hierzu ist eine kontinuierliche Produktionskontrolle zwingend notwendig. Nur im produktionstechnischen Bereich hat der Landwirt die größten Einflussfaktoren, seine Wirtschaftlichkeit entsprechend zu verbessern. Somit sind Investitionen, die zu einer nachhaltigen Verbesserung der biologischen Leistungen führen in der Regel immer rentabel. Der intensive Erfahrungsaustausch zwischen spezialisierten Landwirten in Arbeitskreisen ist dabei einer der wichtigsten Garanten zur Nutzung von Produktionsreserven.

3. Persönliche Erfolgsmaßstäbe

Im Mittelpunkt der persönlichen Erfolgsmaßstäbe, so Bintz, steht nicht der Betrieb sondern der Mensch beziehungsweise die Unternehmerfamilie. Der wirtschaftliche Erfolg kann somit nur ein Teil des persönlichen Erfolges sein. Er ist jedoch häufig eine wichtige Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander zwischen den Ehepartnern und den Generationen. Neben der Leistungsfähigkeit spielen die Faktoren Lebensqualität und Gesundheit eine ebenso wichtige Rolle für eine hohe Lebenszufriedenheit.

Lebensqualität definiert sich sicherlich für jede Person anders. Letztlich spielen dabei die sozialen Kontakte innerhalb und außerhalb der Familie eine dominierende Rolle. Bezüglich der Gesundheit muss innerhalb der Familie darauf geachtet werden, dass bei allem Zwang zum Wachstum keine arbeitswirtschaftliche Überforderung stattfindet. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anspannung und Entspannung ist hierbei von entscheidender Bedeutung.

Insgesamt bietet eine persönliche Lebensplanung mit realistischen Zielsetzungen und entsprechender Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern eine große Chance zu größerem Verständnis und höherer Toleranz und damit verbunden zu einem wachsenden Vertrauen untereinander. Dies sind entscheidende Voraussetzungen für eine hohe Lebenszufriedenheit.

Text: Uwe Bintz, Einzelbetriebliche Förderung, Wirtschaftsberatung, Betriebsanalyse, -planung, Landwirtschaftskammer Niedersachsen