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GVWE-Vorstandstage: Genossenschaftsbanken agieren zwischen Tradition und Innovation

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 12/2017

Die Themen unserer diesjährigen GVWE-Vorstandstage Anfang November im Akademiehotel Rastede waren umfassend: KundenFokus Privatkunden, Migration zu agree21, die Digitalisierung im Bankgeschäft, aber auch aktuelle Rechtsfragen, steuerliche Aspekte und Informationen zum Update Gesamtbanksteuerung sowie aktuelle Fragen aus Prüfung und Regulatorik wurden behandelt.

Durch das Programm führte in bewährter Weise Abteilungsleiter  Harald Lesch. Bereits seit 17 Jahren lädt unser Verband zu den GVWE-Vorstandstagen in das Akademiehotel Rastede ein, die zuvor über viele Jahre in einem Tagungshotel in Bad Zwischenahn stattfanden. Seitdem hat sich an dem Veranstaltungsort viel geändert, so Lesch. Als maßgebliche Bauvorhaben sprach er das neue Seminargebäude, die umfangreiche Renovierung des Akademierestaurants, die in diesem Jahr gestartete Renovierung der Hotelzimmer sowie die Neugestaltung des Parkplatzes an. Lesch ging auch auf den Leuchtturm, dem diesjährigen Leitmotiv der GVWE-Vorstandstage, ein. Dieser stehe sowohl für die große Sicht barkeit der Genossenschaftsbanken in Weser-Ems als auch dafür, dass wir als Verband unseren Mitgliedsbanken eine Orientierungshilfe geben möchten.

Der Spagat zwischen „Tradition und Innovation“ ist für die Genossenschaftsbanken eigentlich nichts Neues, so Verbandsdirektor Johannes Freundlieb, der gemeinsam mit Verbandsdirektor Axel Schwengels den Impulsvortrag hielt. Allerdings nimmt die „Schlagzahl“ der Innovationen angesichts der fortschreitenden Digitalisierung deutlich zu, in einem darüber hinaus insgesamt zunehmend fordernden Umfeld. Die Kombination von Tradition – wie die genossenschaftlichen Werte – mit innovativen Anwendungen für den Kunden ist auch Basis für künftigen Erfolg.

„Allerdings“, so Freundlieb, „wird es mehr als bisher darauf ankommen, dass wir noch innovativer sind, dass wir gemeinsam mehr als bisher ausprobieren und möglicherweise auch Antworten und Lösungen entwickeln, ohne die Fragen unserer Kunden zumindest genau zu kennen.“ Insgesamt betrachtet müsse unsere Gruppe digital besser werden, um Kunden zu halten und neue zu gewinnen.

Die Voraussetzungen dafür sind gut, so Freundlieb weiter, denn anders als Fintechs oder große Spieler hat unsere Gruppe das (Daten-)Vertrauen der Kunden auf breiter Basis. Vom Status quo ausgehend skizzierte unser Verbandsvorstand mögliche Entwicklungen bis hin zu plattformgetriebenen sogenannten „Open Banking Systemen“, in denen eine Bank im Extrem für jegliche Schnittstellen (API) geöffnet ist.

Wie auch immer die konkrete Entwicklung verlaufen wird: Es geht darum, dass „Frontend“ zu besetzen und damit die erste Anlaufstelle für den Kunden zu sein und zu bleiben. Dabei wird die physische Nähe tendenziell weniger wichtig, die emotionale Nähe zum Kunden – die dieser auch so erlebt! – dagegen immer wichtiger, weil langfristige Kundenbindung nur über emotionale Bindung erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund streifte Freundlieb den aktuellen Stand der KundenFokus-Projekte einschließlich des bundesweit  einheitlichen Umsetzungsmodells und präsentierte ein konkretes Angebot zur Implementierung eines neuen oder Optimierung eines bestehenden KundenServiceCenters im Zuge der Initiative „KSC der Zukunft“.

Abschließend empfahl Freundlieb den Vorstandsmitgliedern, den von unserem Verband noch bis Ende Dezember kostenfrei angebotenen ManagementDialog zu buchen – sofern noch nicht geschehen –, um den „eigenen Status quo“ zu hinterfragen und in die Planungen der weiteren KundenFokus-Umsetzung einzusteigen.
Axel Schwengels, der erstmals in seiner Funktion als Verbandsvorstand an den Vorstandstagen teilnahm, ging auf Produktions- und Steuerungsthemen ein. Die Migration von bank21 auf agree21 sollte genutzt werden, um Prozesse zu optimieren und weiter zu standardisieren, so Schwengels. Er erläuterte die Neuausrichtung der aufsichtlichen Beurteilung bankinterner Risikotragfähigkeitskonzepte und motivierte die Vorstände, diese Veränderungen positiv aufzunehmen und als Chance zu betrachten, die bisherige aufsichtsrechtliche Doppelunterlegung von Risiken auflösen zu können. Schwengels schloss seinen Beitrag mit ausgewählten Fragen zur Para metrisierung der Banksteuerungssysteme ab.

Unternehmensberaterin Heidrun Lohrmeier und Abteilungsleiter Lesch gaben gemeinsam einen praxisnahen Überblick über den Stand der einzelnen Projekte von KundenFokus Privatkunden. In ihren einleitenden Worten zur Bedeutung des KundenFokus stellte Lohrmeier fest, dass der hybride Kunde – also derjenige, der sowohl offline als auch online unterwegs ist – einen wachsenden Anspruch zu mehr digitalem Banking hat (s. Abbildung). Im Anschluss stellten die Referenten die bereits erarbeiteten kundenorientierten Umsetzungsmodelle vor und gaben einen Überblick über die weiteren sich in den Planung befindenden Initiativen.

Vorstandsmitglied Berthold Scholte-Meyerink, Volksbank Niedergrafschaft eG, erläuterte allen Tagungsteilnehmern umfassend die Phasen der Migration auf agree21 in seiner Bank. Er gab praktische Hinweise aus der operativen Sicht. Es kam im Anschluss an seinen Beitrag zu einer Diskussion.

Der Vortrag von Prof. Dr. Arnd Wiedemann, der den Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement an der Universität Siegen innehat, wurde im Vorfeld mit Spannung erwartet. Er informierte über die digitale Welt und gab Empfehlungen und Hinweise für die weitere digitale Entwicklung. Für Wiedemann haben die Genossenschaftsbanken den großen Vorteil, durch die genossenschaftliche ganzheitliche Beratung ihre Kunden gut zu kennen. „Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts“, so der Referent.

Einen Überblick über aktuelle Rechtsthemen gab Rechtsanwalt Jochen Röben, Abteilungsleiter unseres Verbandes und Fachanwalt für Bankrecht. Hierzu gehörten die Themen Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen, Wohnimmobilienkreditrichtlinie, Beratungshaftung im Anlagegeschäft sowie Insolvenzanfechtung. Besonders widmete er sich dem Thema von aufwandsintensiven Unternehmensdarlehnsverträgen und deren mögliche Bepreisung.

Simon Moorkamp, Leiter der Abteilung Steuerberatung – und auch das erste Mal in dieser Funktion auf den GVWE-Vorstandstagen –, zeigte, dass Steuern auch spannend sein können. Er sprach über die Bedeutung eines internen Kontrollsystems für Steuern (Tax Compliance), die Vorteilhaftigkeit einer eigenen Steuer bilanzpolitik (abgekoppelt von der aufgestellten Handelsbilanz) sowie über Vorteile, die eine grundbesitzverwaltende Tochtergesellschaft für Immobilieninvestitionen von Banken haben kann. Des Weiteren ging er auf Neuregelungen bei der betrieblichen Altersvorsorge ein.

Abteilungsleiter Dieter Diener berichtete über die strategische Gesamtbanksteuerung und stellte in diesem Zusammenhang die wesentlichen fachlichen Leitsätze des überarbeiteten Tools VR-Control vor. Aufgrund dessen, dass in dem neuen Release das Thema SREP noch nicht integriert ist, empfahl er den Vorstandsmitgliedern, vorläufig noch die von unserem Verband entwickelten Tools VR-Kapitalplanung und VR-Reporting einzusetzen.

Den abschließenden Vortrag auf den diesjährigen GVWE-Vorstandstagen hielt der seit 1. Februar dieses Jahres neue Prüfungsdienstleiter unseres Verbandes,  Stefan Grüterich. Er informierte die Vorstandsmitglieder umfassend über die Maßnahmen unseres Verbandes, die sich mit der Prüfung der Banken unter agree21 beschäftigen und gab Hinweise und Tipps zur Vorbereitung eines geregelten Prüfungsablaufs in Bezug auf die organisatorischen Fragen.