zur Übersicht

VR-Presseabend: Genossenschaftsbanken in Weser-Ems wachsen weiter

17.10.2017

Claus Kleber referierte auf dem VR-Presseabend Weser-Ems zum Thema „Zwischen Asien und Amerika – Wo bleibt Europa, wenn sich die Welt neu ordnet?“.

 © Thorsten Ritzmann
AGVR-Geschäftsführer Harald Lesch (v. l.), Frank Thiel, stellv. Vorstandsvorsitzender der AGVR; Lambert Meyer, Vorstandsvorsitzender der AGVR; Referent Claus Kleber sowie die Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels auf dem VR-Presseabend 2017

Dinklage. Zahlreiche Journalisten der Tages- und Fachpresse nahmen an dem traditionellen VR-Presseabend der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems (AGVR) im Burghotel Dinklage, Landkreis Vechta, teil.

Der AGVR-Vorstandsvorsitzende Lambert Meyer ging in seiner Eröffnungsrede auf die guten Geschäftsergebnisse der 59 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems, auf die Entwicklung der Digitalisierung im Bankenbereich, das sich in der Planung befindende europäische Einlagensicherungssystem sowie in Bezug auf die Niedrigzinsphase und des Weltspartages am 30. Oktober auf das Sparverhalten der Bürgerinnen und Bürger ein.

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken erzielten nach seinen Angaben zur Jahresmitte ein Kreditwachstum in Höhe von 3,9 Prozent auf 19 Milliarden Euro, die Zunahme im Einlagengeschäft betrug 6,4 Prozent auf 16,8 Milliarden Euro und das addierte Bilanzvolumen stieg um 5,2 Prozent auf 25,8 Milliarden Euro. Zusätzlich vermittelten die Genossenschaftsbanken ein um 7,6 Prozent höheres Kundenkreditvolumen (5,3 Milliarden Euro) und ein um 4,5 Prozent höheres Kundenanlagevolumen (7,2 Milliarden Euro) an Verbundunternehmen der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken. Somit stieg das betreute Kundenvolumen insgesamt um 5,2 Prozent auf 48,7 Milliarden Euro. Meyer resümierte aufgrund dieser Erfolgszahlen, dass die Volksbanken und Raiffeisenbanken erfreulicherweise weiterhin wachsen und stellte fest, dass zusätzlich zum stationären Vertrieb der digitale Vertrieb immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dieser Herausforderung stellen sich die Volksbanken und Raiffeisenbanken gemeinsam mit den Unternehmen der genossenschaftlichen FinanzGruppe - auch mit innovativen Leistungen wie die VR-BankingApp, kontaktloses Bezahlen und paydirekt. „Wir sind auch in Zukunft da, wo unsere Kunden sind – digital und lokal“, betonte Meyer.

Meyer führte weiter aus, dass in einer vor kurzem veröffentlichten McKinsey-Studie „Das digitale Wirtschaftswunder – Wunsch oder Wirklichkeit“ Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch eine geringere Online-Banking-Quote aufweist. Die Gründe dafür liegen einerseits in der hohen Bargeldaffinität und auch in den rechtlichen Rahmenbedingungen, die es Banken erschweren, ihre Geschäfte durchgängig zu digitalisieren. So verlangt das deutsche Recht zum Beispiel beim Abschluss von Verbraucherkrediten die Schriftform, also eine eigenhändige Unterschrift. Spätestens an diesem Punkt endet der digitale Prozess unfreiwillig.

„Es sind dahingehend veränderte Rahmenbedingungen erforderlich, die es ermöglichen, die Digitalisierung in der Kundenkommunikation und den Geschäftsprozessen auch durchgängig umsetzen zu können“, forderte Meyer. Natürlich müsse der Verbraucherschutz dabei trotz aller Innovationen an oberster Stelle stehen. Aber unabhängig von der Technologie und unabhängig davon, ob eine Tätigkeit von einem Fintech-Startup oder einer klassischen Bank angeboten wird, muss gelten: gleiches Risiko und gleiche Regulierung.

Im Hinblick auf die fortschreitende Regulierung ging der Vorstandsvorsitzende auf die aktuellen Vorschläge der EU-Kommission zur Schaffung einer europaweit einheitlichen Einlagensicherung ein. Der jetzt veröffentlichte Diskussionsbeitrag der Europäischen Kommission, um die Bankenunion mit einer europaweit einheitlichen Einlagensicherung zu vervollständigen, stelle nur einen marginalen Fortschritt dar. Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass in Europa kein Anreiz entsteht, die nationalen Einlagensicherungssysteme in den Ländern eigenverantwortlich auszugestalten. Besonders kritisch ist, dass die aktuellen Anregungen der EU-Kommission die jahrzehntelange, erfolgreiche Tätigkeit bestehender nationaler Einlagensicherungssysteme, einschließlich der Institutsschutzsysteme wie bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken, nicht berücksichtigen. Damit werden die Interessen der Einleger in Deutschland und anderer Länder mit gut funktionierenden Sicherungssystemen nicht ausreichend in diese Diskussion einbezogen.

Abschließend sprach Meyer die Sparquote in Deutschland an, die auch in Anbetracht der anhaltenden niedrigen Zinsen stabil geblieben ist. Die deutschen Bundesbürger sparen im Durchschnitt 9,7 Prozent ihres verfügbaren Einkommens. Im ersten Quartal dieses Jahres flossen den deutschen Banken noch einmal knapp vier Milliarden Euro mehr an Geldern zu als im Vorjahresvergleichsquartal. Insgesamt unterhielten die Bundesbürger 121,5 Milliarden Euro bei Banken. In Wertpapieren legten die Deutschen 32,5 Milliarden Euro an, nach 49,6 Milliarden Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum. „Die Schattenseite der niedrigen Zinsen ist aber ebenfalls spürbar“, so Meyer. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken hat sich der Anteil der Nichtsparer bei persönlichen Nettoeinkommen unter 1.000 Euro von 28 Prozent auf 36 Prozent erhöht. Diese Entwicklung sei problematisch, da eine verstärkte private Vorsorge gerade für diese Haushalte besonders wichtig ist.

Den Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden schloss sich der Vortrag „Zwischen Asien und Amerika – Wo bleibt Europa, wenn sich die Welt neu ordnet?“ von Claus Kleber an, der seit 2003 das „heute journal“ im ZDF moderiert. Zuvor berichtete er unter anderem zwölf Jahre lang live für die ARD aus den USA, so auch von den Terroranschlägen am 11. September 2001.

Der heute 62-jährige Jurist erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Er wurde zum Politikjournalist des Jahres durch das Medium Magazin für Journalisten ernannt, erhielt den Adolf-Grimme-Preis, den Hanns-Joachims-Friedrichspreis und auch die Goldene Kamera. Seit 2015 ist er an der Universität Tübingen als Honorarprofessor für Medienwissenschaft tätig.

Im Anschluss an den Vortrag des Gastreferenten ergab sich eine angeregte von AGVR-Geschäftsführer Harald Lesch moderierte Diskussion mit den Journalisten und Bankvorständen. Diese zeigte auf, dass die Europäer gefordert sind, sich stärker zu positionieren und ihr Schicksal stärker in die eigene Hand nehmen müssen.