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Verbandstag unseres Verbandes im "Raiffeisen-Jahr"

05.09.2018

Über 300 Vertreter der genossenschaftlichen Mitgliedsunternehmen und viele Gäste aus Politik und Wirtschaft besuchten unseren Verbandstag am 5. September in den Weser-Ems Hallen. Unter den Grußwortrednern war auch Niedersachsens Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Dr. Bernd Althusmann.

 © Thorsten Ritzmann

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Verbandstag des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems: Stellv. Vorsitzender der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft Josef Zolk (v.l.), Verbandsdirektor Axel Schwengels, Minister Dr. Bernd Althusmann, Verbandsratsvorsitzender Ralph Zollenkopf, Verbandsdirektor Johannes Freundlieb, Manuel Andrack sowie die Präsidiumsmitglieder Johann Kramer und Heiko Plump.

Der Verbandsratsvorsitzende Ralph Zollenkopf führte durch den Verbandstag. Dieser stand ganz im Zeichen des Raiffeisen-Jahres 2018, mit dem an den Gründervater der Genossenschaften, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, und seine einzigartige Idee erinnert wird. Zollenkopf stellte in seiner Begrüßung heraus: „Unser Verband ist für seine Zukunftsaufgaben sehr gut aufgestellt. Durch die hohe Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das solide wirtschaftliche Fundament ist er leistungsstark, innovativ und flexibel. Hierauf aufbauend wollen wir auch in Zukunft als selbstständiger Verband für unsere Mitglieder tätig sein und diese optimal unterstützen.“

„Die Genossenschaftsidee ist in der heutigen Zeit aktueller denn je und sie ist eine Idee mit Zukunft! Denn sie verbindet zwei große wesentliche Werte, nämlich Solidarität und Subsidiarität. Damit sind Genossenschaften so etwas wie gelebte Soziale Marktwirtschaft“, hob Minister Dr. Althusmann die Bedeutung der Genossenschaftsorganisation für Weser-Ems hervor. „Genossenschaften haben gerade im ländlichen Raum eine lange Tradition und bieten vielfältige Möglichkeiten den Strukturwandel in unserem Bundesland zu gestalten. Der Genossenschaftsverband Weser-Ems ist ein hervorragendes Beispiel dafür“.

Den Bericht des Verbandsvorstands gaben die beiden Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels gemeinsam. Während Freundlieb über die Verbandsarbeit in den Leistungsfeldern Prüfen, Beraten, Bilden und Interessen vertreten berichtete, skizzierte Schwengels die wesentlichen Entwicklungen und Geschäftsergebnisse der 304 Mitgliedsunternehmen.

Die Prüfungspraxis des Verbandes wird zunehmend digitaler, wodurch die Prüfungen noch wirksamer durchgeführt werden können, so Freundlieb. Der Beratungsbedarf der Mitgliedsunternehmen – das Spektrum des Dienstleistungsangebotes des Verbandes reicht von der Rechts- und Steuerberatung über klassisches Unternehmensconsulting bis zu Unterstützungsleistungen im Personalmanagement – nimmt tendenziell zu bei gleichzeitig steigendem Komplexitätsgrad der Anfragen. Besonders erfreut zeigte sich Freundlieb über die Zuwächse in der genossenschaftlichen Weser-Ems-Familie: Durch die intensive verbandseigene Gründungsberatung konnten 2017 zehn neue Genossenschaften in den Bereichen Energie, Nahversorgung, Gesundheit, Kultur und Wohnen gegründet werden; 2018 sind bereits fünf weitere Genossenschaften dazugekommen. „Genossenschaften werden auch ein bedeutsamer Dreh- und Angelpunkt aller Lernprozesse im Bachelor-Studiengang Gründung, Innovation, Führung sein“, beschrieb Freundlieb die künftige Zusammenarbeit mit der Hochschule Bremerhaven, die zur Entrepeneurship-Qualifizierung auf das aus Finnland stammende Team-Academy-Konzept setzt und ihre Studierenden echte genossenschaftliche Unternehmen gründen lässt. In der Interessenvertretung setzt sich der Verband weiterhin stark für langfristig verlässliche Rahmenbedingungen ein: „Dazu gehören insbesondere angemessene und verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen, sei es im Finanzsektor, in der Agrar- und Landwirtschaft oder in der Energiewende. Hierfür muss die Politik sorgen,“ forderte Freundlieb.

Geschäftsentwicklung der Genossenschaften in Weser-Ems

„Unsere Mitgliedsunternehmen tun unserer Region Weser-Ems gut. Ihre Leistungen und geschäftlichen Erfolge sind umso bemerkenswerter, als sich das Umfeld, in dem sie wirtschaftlich wirken, zunehmend herausfordernder entwickelt.“, stellte Schwengels einleitend fest.

Die dem Verband angehörenden 60 Volksbanken und Raiffeisenbanken haben ihre Marktposition auch in 2017 ausgebaut. „Sie dienen der Realwirtschaft und betreiben Bankgeschäft nicht als Selbstzweck. Die Kundennähe und das solide Wirtschaften erkennen die Marktteilnehmer an, wie die geschäftlichen Erfolge eindrucksvoll zeigen“, so Schwengels weiter. Ein Beleg dafür ist unter anderem das Kreditwachstum in Höhe von 4,5 Prozent auf 19,9 Milliarden Euro, die Zunahme im Einlagengeschäft um 5,9 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro und der Anstieg des addierten Bilanzvolumens um 5,7 Prozent auf 27,4 Milliarden Euro für das vergangene Geschäftsjahr. Allerdings belastet das „magische Viereck“ weiterhin die Betriebsergebnisse: Einerseits drücken Niedrig-Zinsniveau und intensiver Wettbewerb auf die Ertragslage, andererseits erhöhen erforderliche Investitionen in die Digitalisierung und komplexe Regulatorik den Kostendruck. Dennoch erzielen die Genossenschaftsbanken in Weser-Ems nach wie vor Spitzenwerte im Bundesvergleich, lobte der Verbandsdirektor das Betriebsergebnis vor Bewertung 2017 in Höhe von 0,98 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (Vorjahr: 1,02 Prozent). Für 2018 rechnet der Verband mit einem weiter leicht rückläufigen, aber nach wie vor über dem Bundesdurchschnitt liegenden Betriebsergebnis.

Den zum Verband gehörenden Ländlichen Genossenschaften und Gesellschaften setzen strenge Anforderungen an die Nutztierhaltung und die Bewirtschaftung von Ackerflächen Wachstumsgrenzen und zunehmende Digitalisierungstendenzen verlangen auch hier allen Unternehmen erhebliche Investitionen ab. Darüber hinaus leidet das gesamte Agribusiness unter dem sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel und steht einer zunehmend kritischen Gesellschaft gegenüber. Hinzu kommen aktuell die Schäden aus der Dürreperiode. „Wir appellieren an die Politik, Pflanzenbauern und Tierhaltern, die existenziell in Not sind, die zugesagten Hilfen schnell und unbürokratisch zukommen zu lassen. Die Debatte um Hilfen für die Landwirte zeigt aber leider auch, wie entfremdet eine Mehrheit der Deutschen der Landwirtschaft ist. Mitten in dieser schwierigen Lage werden Landwirte als „Klima-Killer“ verunglimpft und auch in der Politik ist von „pauschalem Handaufhalten“ die Rede. Statt Zynismus brauchen die Landwirte Solidarität und politische Rückendeckung sowie abgewogene Maßnahmen“, stellte Schwengels fest. Die Betriebsergebnisse der Warengenossenschaften bzw. der Viehvermarktungsgenossenschaften waren mit 1,0 bzw. 0,7 Prozent vom Umsatz angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen sehr gut. Auch konnte mit einem durchschnittlichen Erzeugerpreis von 36 Cent je Kilogramm Milch in 2017 ein um rund 35 % über dem Vorjahr liegender Betrag durch die Molkereigenossenschaften an die Landwirte gezahlt werden.

Den Warengenossenschaften und -gesellschaften, den Genossenschaften und Gesellschaften in der Vieherfassung, den Molkereigenossenschaften, den Obst-, Gemüse- und Blumenvermarktungsgenossenschaften sowie den übrigen Genossenschaften und Gesellschaften bescheinigte Schwengels, dass sie sich als Stabilitätsfaktor in der Agrarwirtschaft bewährt und ihre Marktposition weiter ausgebaut haben.

Für die 71 Energiegenossenschaften mit ihren mittlerweile über 14.000 Mitgliedern in Weser-Ems bezeichnete Schwengels das Geschäftsjahr 2017 als eher durchwachsen: Bei der Windenergie konnten die Mindererträge aus dem historisch schlechten Windjahr 2016 nicht kompensiert werden und auch die Photovoltaik- und Solarparkunternehmen haderten mit der Witterung, die die Stromerzeugung deutlich ausbremste. Von dem schlechteren Wetter profitierten dagegen Nahwärmegenossenschaften mit gesteigerten Absatzmengen. „Ein unverändert hohes Potenzial sehen wir für kleinere und regionale Einheiten, die sich autark mit Wärme versorgen“, stellte Schwengels zu den Energiegenossenschaften fest und Verwies auf das Engagement des Verbandes zum weiteren Ausbau der Bürgerenergie.

200 Jahre Friedrich Wilhelm Raiffeisen

Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums von Friedrich Wilhelm Raiffeisen würdigte Josef Zolk, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft, in seinem Grußwort die Bedeutung des genossenschaftlichen Denkens und Handels damals wie heute.

„Wenn heute weltweit über eine Milliarde Menschen in Genossenschaften organisiert sind, dann verdient die Ursprungsidee mit Fug und Recht das Prädikat stark!“, so der Verbandsratsvorsitzende Zollenkopf zu der Bedeutung diese Jubiläums. Weltweit schaffen Genossenschaften mehr als 100 Millionen Arbeitsplätze und ermöglichen Menschen Wohlstand und Sicherheit. In Deutschland bilden mehr als 8.000 Genossenschaften und genossenschaftliche Unternehmen gemeinsam das Rückgrat der mittelständischen Wirtschaft; über 22 Millionen Mitglieder machen sie zur mitgliederstärksten Wirtschaftsorganisation, und mit knapp einer Million Arbeitsplätzen ist die Genossenschaftsorganisation auch einer der bedeutendsten Arbeitgeber hierzulande.

Vor dem Vortrag des Autors und Moderators Manuel Andrack zu seiner „Raiffeisen-Tour 2018“, einer genossenschaftlichen Wanderung zu sehr unterschiedlichen Genossenschaften in ganz Deutschland, sorgte zunächst die 17-jährige Jana Breman aus der Grafschaft Bentheim mit ihrem Lied „Einer für alle - alle für einen“ für einen musikalischen Jubiläumsbeitrag auf dem Verbandstag. Von einer unabhängigen Jury wurde sie als Siegerin des vom Verband ausgelobten Wettbewerbs „Das beste Lied auf Raiffeisen“ ausgezeichnet. Andrack führte danach den Zuhörern anhand seiner auf der Wanderreise gesammelten Erfahrungen eindrucksvoll vor Augen, wie vielfältig die Idee Raiffeisens heutzutage umgesetzt worden sind und wie erfolgreich die Idee auch nach 200 Jahren noch ist.

Foto: Thorsten Ritzmann