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RWG Wardenburg feiert 125-jähriges Jubiläum

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 12/2013

Am 20. Januar 1888 wurde die heutige Raiffeisen-Warengenossenschaft Wardenburg eG gegründet. Aus diesem Anlass fand Mitte Oktober eine große Feier im Wardenburger Hof statt.

Den 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - einschließlich ihres engagierten Geschäftsführers Manfred Brüggemann – war die Freude über das Jubiläum anzumerken. Der Saal war festlich geschmückt. Dezent im Hintergrund liefen ein Film vom 100-jährigen Jubiläum sowie eine Präsentation über die Raiffeisen-Warengenossenschaft, die zwei Raiffeisenmärkte in Tungeln und in Wardenburg, eine vollautomatisierte Tankstelle in Tungeln und ein Lager in Benthullen betreibt. Der Saal füllte sich, über 200 Mitglieder und Geschäftsfreunde hatten die Einladung zu der 125-Jahr-Feier angenommen.

Die Gratulanten brachten viele Geschenke mit. Ganz besonders fiel ein anderthalb Meter großer schmiedeeiserner Ring auf, in dem die Pferdeköpfe des Raiffeisengiebels eingearbeitet waren, scheinbar aus Mooreiche. Nicht nur sehr aufwändig und geschmackvoll, sondern mit dem Herzen geschenkt – von den Nachbarn aus dem Gewerbegebiet in Wardenburg.

Manfred Brüggemann, der den Abend moderierte, übergab nach kurzen einleitenden Worten das Mikrophon an den Vorstandsvorsitzenden Diedrich Meyer und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Klaus Speckmann.

Ihnen beiden kam eine besondere Aufgabe zu: der Vorstandsvorsitzende erläuterte rückblickend, wie sich die Genossenschaft entwickelte und was ihr geschah, der Vorsitzende des Aufsichtsrats ging auf historische Ereignisse und Zusammenhänge ein. Dies geschah im permanenten und sehr unterhaltsamen Wechsel.

Nach der Gründung in 1888 entwickelte sich die Genossenschaft kontinuierlich bis zum schlagartigen Ausbruch des ersten Weltkrieges weiter. Mit Kriegsbeginn in 1914 wurde eine Zwangsbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Produktion eingeführt mit rigorosen Durchgriffen von Seiten des Militärs. Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung stoppte. Nach Beendigung des 1. Weltkrieges konnte die Genossenschaft sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben widmen. Das Handelsgeschehen wurde allerdings durch den zunehmenden Währungsverfall stark beeinträchtigt. Dies führte zu einer Bilanzsumme der Genossenschaft am 31.12.1923 von 330 Billionen Reichsmark, die am 1. Januar 1924 von Staats wegen auf 330 Goldmark gewechselt wurden. Durch die Einführung der Goldmark im Jahr 1924 hatten die Genossenschaften wieder Liquidität - die Landwirte allerdings nicht. Was zu einer stetigen Verschuldung auf breiter Ebene in der Landbevölkerung führte. Nach der Ernte 1939 wurde ein Großteil der Landwirte am 1. September zum Kriegsdienst eingezogen. Den Landfrauen wurde ein Großteil der Verantwortung für die Höfe übertragen. In den folgenden Kriegsjahren wurde die Situation für die Bevölkerung immer schwieriger. Die Landwirte konnten aufgrund fehlender Betriebsmittel die Produktion von Lebensmitteln nicht mehr in vollem Umfang aufrechterhalten. In dieser Zeit wurde die Entwicklung der Genossenschaften stark eingeschränkt.

Die Nazis forderten von den Handelspartnern der Landwirte Meldungen über Erzeugung und Verbrauch der landwirtschaftlichen Produkte. Eine im Sinne der Landwirtschaft tätige Weiterentwicklung war nicht möglich. Am 13.09.1933 wurde der Reichsnährstand eingeführt. Dies diente bereits der Vorbereitung auf den 2. Weltkrieg. Es durfte zum Beispiel kein Roggen mehr verfüttert werden und den Landwirten wurde vorgeschrieben, was anzubauen sei. Anbaupläne wurden verfügt. Diese Auflagen wurden stark kontrolliert. Bei Zuwiderhandlungen gab es hohe Strafen. Die Landwirtschaftskammer Weser-Ems wurde in dieser Zeit von oben eingesetzt. Die Nazis missbrauchten die vorhandenen Handelsstrukturen für Ihre Zwecke.

Nach dem Krieg hatte die Landwirtschaft eine große Bedeutung für die deutsche Bevölkerung. Es ging vor allem um die Sicherstellung der Ernährung. Da ein Teil der  Landwirte nicht über ausreichend Maschinenbesatz verfügte, schaffte die Genossenschaft zunächst einen eisenbereiften Traktor, einen Mähbinder, zwei Anhänger und einen Roder an. Für den Traktor wurde ein Treckerlohn von 6 DM die Stunde inklusive Fahrer vereinbart.

Die wichtigste Aufgabe für die Genossenschaft in dieser Zeit war es, die nötigen Betriebsmittel für die Landwirte zu organisieren. Um einen besseren Service für alle Kunden zu gewährleisten wurden zwei Nebenläger in den 50 er Jahren angemietet. Sie befanden sich in Charlottendorf-Ost und in Westerholt. Die Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe verlangte von der Warengenossenschaft weitere Investitionen, wie zum Beispiel die Anschaffung eines Mähdreschers, eines LKW sowie weiterer Anlagen.1953 wurde ein Bürogebäude mit Lager an der Oldenburger Straße gebaut, 1958 eine Maschinenhalle. 1963 investierte die Genossenschaft in Getreidelagerung und Aufbereitung am Standort Westerboer. 1954 beschloss die Generalversammlung die Umbenennung in die Raiffeisen-Warengenossenschaft eGmbH Wardenburg.

Im Jahr 1990 erfolgte eine Fusion mit der Genossenschaft Benthullen-Harbern-Achternmeer. Dadurch bekam die Genossenschaft weitere Standorte in Benthullen, Achternmeer und Tungeln. Der Standort Achternmeer wurde nach einer kurzen Übergangszeit aufgrund wirtschaftlicher Gegebenheiten geschlossen und verkauft.

Ende der 70er Jahr wurde der heutige Standort an der Rheinstraße gebaut. 2 Millionen D-Mark wendete die Genossenschaft auf, um eine 50 Tonnen-Brückenwaage, eine Halle für loses Düngemittel, ein Mühlen- und Lagergebäude mit Büro und einen kleinen Raiffeisenmarkt im Gewerbegebiet Süd-West zu bauen. „Diese für die damaligen Verhältnisse und gemessen an der Größe der Genossenschaft große Investition konnte nur durch den starken Zusammenhalt aller Mitglieder getragen werden“, so Meyer.

Die Energiewende mit den erkennbar weiter steigenden Preisen habe dazu geführt, dass die Genossenschaft zwei Photovoltaik Anlagen in Wardenburg und in Tungeln erstellte. Der Strom, der dort produziert wird, wird zu annähernd 60 Prozent selbstverbraucht. Die Wärme für den Standort in Wardenburg wird durch eine Biogasanlage kostengünstig geliefert. Die Genossenschaft investierte in den folgenden Jahren in weitere Geschäftszweige: der Raiffeisenmarkt in Tungeln wurde modernisiert und durch eine SB-Tankstelle erweitert, die einem Brand zum Opfer gefallene Trocknungsanlage im Jahr 2008 neu errichtet.

Der stellvertretende Bürgermeister Detlef Sonnenberg überbrachte die Glückwünsche der Gemeinde Wardenburg und ging auf die gute Zusammenarbeit ein. Er erwies sich als ein Verfechter der Unternehmensform Genossenschaft, worüber sich Prüfungsdienstleiter Johannes Freundlieb sehr freute, der im Anschluss hervorhob, dass die Vorteile der Unternehmensform Genossenschaft durch die Auswirkungen der Finanzmarktkrise wieder bewusst(er) wahrgenommen worden wären und werden. Dr. Albert Romberg von der AGRAVIS Raiffeisen AG ging in seinem Grußwort auf die gute Zusammenarbeit ein und wünschte der Raiffeisen-Warengenossenschaft Wardenburg eG - wie die Vorredner - weiterhin viel Erfolg und gute Geschäftsergebnisse.

Geschäftsführer Manfred Brüggemann bedankte sich. Er selbst richtet seinen Dank an seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den Worten: „Ein Unternehmen in unserer Größenordnung kann nur erfolgreich existieren mit einem eingespielten verlässlichen Team!“