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Photovoltaikprojekte rechnen sich

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 04/2017

Nach wie vor rechnen sich Photovoltaikprojekte für Energiegenossenschaften, mittelständische Unternehmen und landwirtschaftliche Kunden - das war das Fazit des Energie-Treffpunkt Weser-Ems zum Thema „Photovoltaikanlagen unter und über 750 kWp - wirtschaftliche Realisierungschancen für Energiegenossenschaften, KMU und Landwirte“ in Rastede am 9. Februar im Akademiehotel Rastede.

 © GVWE
Ralf-Peter Janik (2.v.r.), Abteilung Marketing-Verbundkoordination-Gründungsberatung unseres Verbandes, begrüßte auf dem Energie-Treffpunkt Weser-Ems die Referenten Matthias Partetzke (v.l.), Vorstandsvorsitzender der IngenieurNetzwerk Energie eG, Christoph Gers-Grapperhaus, Berater Energietechnik im Geschäftsbereich Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und René Groß (r.), Referent für Energierecht und Energiepolitik bei der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften.

Zur Einleitung stellte René Groß, Referent für Energierecht und Energiepolitik bei der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften in seinem Vortrag die Geschäftsmöglichkeiten in der Photovoltaik (PV) im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017 vor. Generelle Geschäftsmöglichkeiten für Photovoltaikprojekte im Jahr 2017 bestehen im Bereich der EEG-Vergütung und Marktprämie bei vollständiger oder teilweiser Einspeisung, der Eigenversorgungs- und Anlagenpachtmodelle, der Stromlieferung und der Ausschreibungen. Gute Geschäftsmöglichkeiten für Energiegenossenschaften und andere Genossenschaften sind vor allem im Bereich der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen bis 100 kW und der Anlagenpacht zu finden.

Aufgrund des hohen Zubaus von PV-Anlagen im Dezember 2016 gab es wider Erwarten keinen Anstieg der EEG-Vergütung zum 1. Februar 2017. Aufgrund von sehr günstigen Systempreisen sind Photovoltaikprojekte bis 100 kWp installierter Leistung, die 100 Prozent des erzeugten Stromes ins Netz einspeisen, auch bei stabiler EEG-Vergütung weiterhin wirtschaftlich. Bei Anlagengrößen zwischen 100 kWp und 750 kWp muss der erzeugte Strom direkt vermarktet werden, wofür sich der Anlagenbetreiber in der Regel einen Dienstleister gegen Entgelt nehmen muss. Der Vorteil der 750 kW-Grenze für Photovoltaikanlagen (Dach und Freifläche) ist, dass der Anlagenbetreiber nicht in Ausschreibungen gehen muss und der Strom ganz bzw. teilweise selbst verbraucht werden kann. Sobald ein gewisser Anteil selbst verbraucht wird, wird die Wirtschaftlichkeit sogar noch besser. Energiegenossenschaften können diesen Vorteil über Anlagenpachtprojekte (Energiegenossenschaft verpachtet die PV-Anlage an einen Kunden) heben. Die Geschäftsmöglichkeit „Stromlieferung bzw. Mieterstrom“ könnte in diesem Jahr an Fahrt gewinnen, weil sich die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD Mitte Februar auf eine gezielte Förderung von Mieterstrommodellen geeinigt haben. Diese Förderung soll noch vor dem Ende der laufenden Legislaturperiode gesetzlich umgesetzt werden.

Matthias Partetzke, Vorstandsvorsitzender der IngenieurNetzwerk Energie eG, beleuchtete anschließend ergänzend die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Photovoltaikprojekte unter und über 750kW. In der aktuellen Fassung bietet das EEG die Möglichkeit Freiflächenanlagen bis zu einer Leistung in Höhe von 750 kW (ca. 1,5 ha-Flächenverbrauch) von der Ausschreibungspflicht befreit zu errichten. Neben einer höheren Vergütung kann dabei der Strom sogar ganz oder nur teilweise für den Eigenverbrauch genutzt werden. Der Zubau ist auf Konversationsflächen, Randstreifen neben Autobahnen und Eisenbahnstrecken rentabel möglich, insbesondere in Gewerbegebieten und auf Firmengeländen. Der Zubau von Dachanlagen ist, vor wirtschaftlichem Hintergrund, in den überwiegenden Fällen auf 750 kW zu begrenzen. Bis zu dieser Leistung entfällt die Teilnahme an Ausschreibungen. Somit ist die Vergütung und der Verbrauch von Eigenstrom ist möglich. Die Optimierung des Eigenstromverbrauchs durch den Einsatz von PV-Stromspeichern ist nur selten wirtschaftlich darstellbar. Allerdings ist bei der Neuerrichtung einer PV-Anlage schon jetzt die Möglichkeit einer nachträglichen Speicherintegration zu berücksichtigen. Speicher sind zukünftig nicht nur der klassische Batteriespeicher im Keller, sondern zum Beispiel auch Elektrofahrzeuge. Moderne Maschinen und Haushaltsgeräte bieten ebenfalls die Möglichkeit, über eine gezielte Ansteuerung den Zeitpunkt des Stromverbrauchs an die eigene PV-Stromerzeugung, und in naher Zukunft an die voraussichtlich stündlich festgestellten Strompreise, anpassen zu können. Jedenfalls ist der Zubau von PV-Anlagen unter Berücksichtigung der aktuellen Herstellkosten rentabel. Auf eine langfristig funktionierende Anlagentechnik, dazu gehören aufeinander abgestimmte Komponenten, eine sorgfältige Montage und eine vorausschauende Überwachung und Vertragsgestaltung (zum Beispiel die Gewährleistung), ist besonderes zu achten. Partetzke erörterte zudem im Bereich der Energieeffizienz die Chancen, gefördert in ein Projekt zu starten. Zahlreiche Fördermechanismen bieten für Kommunen, Stadtwerke, Gewerbe, Industrie, Wohnungsbau und Landwirtschaft die Möglichkeit ein Gebäude oder ganze Gebiete/Quartiere gezielt hinsichtlich der Energieeffizienz untersuchen zu lassen.

Christoph Gers-Grapperhaus, Berater Energietechnik im Geschäftsbereich Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, ging in seinem Vortrag auf die derzeitigen Möglichkeiten für Photovoltaikanlagen im landwirtschaftlichen Betrieb ein. Photovoltaikanlagen sind in den letzten Jahren auf sehr vielen Stalldächern und auf Maschinenhallen installiert worden. Überwiegend wird der Strom ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die durchschnittlich erzielten Stromerträge lagen in den letzten 3 Jahren in unserer Region über 900 kWh/kWp. Der Anlagenzubau ist durch die Absenkung der EEG-Einspeisevergütung stark zurückgegangen. Diese Situation hat sich aktuell deutlich verändert. Durch die gesunkenen Anlagenpreise und die Möglichkeit der Stromeigennutzung, ergeben sich interessante Ansätze in neue PV-Anlagen zu investieren. Wie hoch der Eigenverbrauchsanteil sein kann und wie die Anlagenwirtschaftlichkeit zu beurteilen ist, muss betriebsindividuell ermittelt werden. Folgende Einflussfaktoren sind dafür ausschlaggebend: Installierte Leistung in kWp, Kaufpreis der Anlage, spezifischer Stromertrag, Stromverbrauch und Lastprofil des Stromverbrauches in Tagesverlauf und der Strompreis zu dem aus dem öffentlichen Netz der Strom bezogen wird. Günstige Voraussetzungen sind immer dann gegeben, wenn der Strom gleichmäßig im Tagesverlauf verbraucht wird. Das ist in Milchviehbetrieben dann gegeben, wenn das Melken mit einem automatischen Melksystem erfolgt. Gute Bedingungen sind auch in Veredlungsbetrieben vorzufinden, wenn automatische Fütterungsanlagen und Lüftungsanlagen für die notwendige Stallbelüftung installiert sind. Besonders die Lüftungsanlagen verbrauchen viel Strom. In Schweinemastbetrieben muss etwa 50 – 60 Prozent des gesamten Stromverbrauches für Lüftungsenergie aufgewendet werden. Hinzu kommt der Aspekt der höheren Luftraten in den Sommermonaten mit einem höheren Stromverbrauch als in den Wintermonaten. Dies läuft nahezu parallel zur Stromproduktion der PV-Anlage. Bei guter Auslegung der installierten Anlagenleistung zum Stromverbrauch sind Eigenverbrauchsanteile von 70 bis 80 Prozent möglich. Eine Steigerung der Eigenverbrauchsanteile ist auch durch die Installation eines Stromspeichers möglich. Die heutigen Speicher basieren häufig auf Lithium-Ionen-Zellen. Diese weisen im Vergleich zu Blei-Säure-Batterien eine höhere Lebensdauer, eine höhere Energiedichte und Entladetiefe und einen höheren Wirkungsgrad auf. Trotz dieser technischen Fortschritte ist der Einsatz von Batteriespeichern bislang nicht wirtschaftlich. Die hohen Investitionskosten führen zu Speicherkosten von 30 bis 40 Ct/kWh.

Derzeit bestehen gute Möglichkeiten für eine Umsetzung von Photovoltaikprojekten bei den unterschiedlichen Akteuren. Das war das Fazit der 21 Teilnehmer des Energie-Treffpunkt Weser-Ems in Rastede, der mit Unterstützung des neu gegründeten Arbeitskreises Energiegenossenschaften und -gesellschaften von Ralf-Peter Janik, Abteilung Marketing-Verbundkoordination-Gründungsberatung, koordiniert worden ist.