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Austausch über innovative Verfahren zum Nährstoffmanagement in Rastede

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 05/2017

Am 28. Februar fand ein Informationsaustausch über innovative Verfahren im Nährstoffmanagement in Rastede statt. Ziel war es, zwei innovative Verfahren zum Nährstoffmanagement kennen zu lernen, gemeinsame Erfahrungen auszutauschen und zu besprechen, ob ein Transfer in die Veredelungsregion Weser-Ems umsetzbar ist.

 © GVWE
Die Teilnehmer des Informationsaustausches über innovative Verfahren zum Nährstoffmanagement in Rastede

Teilgenommen an diesem Informationsaustausch haben Vertreter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Nährstoffmanagement Niedersachsen eG, des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland, des Landkreises Cloppenburg, des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes, der Goldschmaus Gruppe Verwaltungsgesellschaft, der GS agri eG, der raiffeisenagrar, der Ingenieur Netzwerk Energie eG, des Vereins Land.Schafft.Werte und unseres Verbandes.

Die Schließung des Nährstoffkreislaufes ist für die landwirtschaftlichen Betriebe in der Veredelungsregion Weser-Ems eine wichtige und unbedingt zu lösende Aufgabe, erläuterte Referent Ralf-Peter Janik. Dazu sind innovative Verwertungskonzepte gefragt, die zu einer Entlastung von Nährstoffüberschüssen beitragen und sich wirtschaftlich rechnen. Die Überschreitung der Nitratgrenzwerte im Grundwasser in den vergangenen Jahren und die Klage der EU Kommission gegen Deutschland werden demnächst zu einer neuen Düngeverordnung führen.

Valerio Witte, Inhaber der Witte-Lastrup GmbH, stellte die WITTE-CLF Humusanlage vor. Das Verfahren ist mehrfach in der Praxis erprobt. In Frankreich und Italien sind bereits über 40 Anlagen gebaut worden. Die patentierte Technologie der WITTE-CLF Humusanlage ermöglicht die Aufbereitung von Gülle oder flüssigen Gärresten zu einem hochwertigen „schaufelbaren“ Humusdünger. Durch den Einsatz von organischem Material mit geringem Feuchtigkeitsgehalt (gehäckseltes Stroh, Holzspäne, separierte oder getrocknete Gärreste, Pferdemist usw.) und mithilfe von Bakterien, wird die Gülle zu Humus umgewandelt.  

Die Anlage besteht aus einem „Aufbereitungsbecken“, welches eine Länge von bis zu 120 Metern und eine Breite von bis zu 20 Metern erreichen kann. Das Becken kann bis zu 1,7 Meter tief sein. Ein automatisch gesteuerter Brückenkran fährt täglich über die aufzubereitende Biomasse und injiziert in einer ersten Phase (beim Hinweg) die Gülle oder die Gärreste in die Trockenmasse. In der zweiten Phase (beim Rückweg) erfolgen dann das Vermengen und die Sauerstoffversorgung der Biomasse. Das Vermischen der Masse erfolgt durch drei bis fünf Schnecken, die am Kran befestigt sind. Die Schnecken arbeiten mit Durchluft und sind dazu da, die Biomasse zu homogenisieren und mit Sauerstoff zu versorgen. Dadurch wird eine aerobe Vergärung erzeugt, eine exotherme Reaktion, welche zu Temperaturen von bis zu 70°C führt. Aufgrund dieser Temperatur verdampft das in der Gülle enthaltene Wasser. Am Ende dieses Aufbereitungszyklus (nach ca. 3 Monaten) ist ein festes Produkt mit einem Feuchtigkeitsgehalt von ca. 50 Prozent (abhängig von der Nutzung des Humus) entstanden.

In der Anlage erfolgt der Humifizierungsprozess, welcher normalerweise in die Natur erfolgt; organische Elemente werden zersetzt, um neue Nährstoffe zu bilden, mit deutlichen Vorteilen für die Umwelt.   

Vorteil dieses Verfahren der Witte CLF Anlage ist, dass eine Reduzierung von über 85 Prozent des Stickstoffgehaltes im Endprodukt erreicht wird. Ein weiterer Vorteil ist die Reduzierung der Löslichkeit des im Humus enthaltenen Stickstoffs. Durch die Humifizierung wird der Stickstoff an langkettige Moleküle gebunden, diese Moleküle werden von Pflanzenwurzeln aufgenommen anstatt in das Grundwasser zu gelangen.

Der in der Gülle enthaltene mineralische Stickstoff wird durch eine simultane Nitrification und Denitrification der Masse, in gasförmiges Stickstoff (N2) umwandelt. Stickstoff ist ein Inertgas und macht 78 Prozent der Luftmasse aus. Ein weiterer Vorteil, so Witte, ist die Vermeidung der Emissionen während der Lagerung der Gülle und der Gärreste, da das Material ohne lange Zwischenlagerung direkt in der Anlage bearbeitet werden kann. Die Anlage hat keine Geruchsemissionen.

Witte stellte den Teilnehmer zudem die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit dar. Die Anlage hat zwei Erlösquellen. An erste Stelle sind dies die Ersparnisse der Gülleentsorgung, die zwischen 8 und 12 Euro/t liegen und an zweiter Stelle die Erlöse des Humusverkaufs. Um eine realistische und konservative Ertragsrechnung zu erstellen, wurde von Witte die Ersparnis bei der Gülleentsorgung von 8 Euro pro Tonne und ein Humusverkaufspreis von 15 Euro pro Tonne zu Grunde gelegt.

Das zweite Verfahren der Fa. Terragie stellte im Anschluss Hanspeter Maas, Vorstand der Agri V Raiffeisen eG, vor. Die Terragie forscht zusammen mit der Agri V Raiffeisen eG seit 2010 sehr intensiv an dem Thema einer alternativen organischen Gülleverwertung. Das Unternehmen, das die Agri V Raiffeisen eG gemeinsam mit der AGRAVIS gegründet hat, behandelt Gülle und Gärreste aus Biogasanlagen in mehreren Schritten.

Zunächst, so Hanspeter Maas, trennt ein Pressschneckenseparator den Wirtschaftsdünger in eine feste und eine flüssige Phase. Die verbleibende Dünnphase weist weniger als 5 Prozent TS auf.

Diese Dünnphase wird dann in den Absetzer eingeleitet. Dort werden dann die restlichen organischen Anteile in einem modifizierten Prozess ausgefällt. Die hierbei ausgetriebene organische Masse wird anschließend über eine Filtration in eine Dickphase überführt und kann anschließend mit der festen Phase aus der mechanischen Separation zusammengeführt werden.

Die Festphase verarbeitet die Terragie weiter zu einem streufähigen Dünger. Alle anfallenden Feststoffe (nach dem Separator und dem Absetzer sowie der Filterkuchen) lassen sich am Ende wieder zusammenführen. „Wir vermarkten das Produkt als Torfersatz bzw. Blumenerde, vorwiegend an den Profigartenbau“, so Maas. Schon im Jahr 2016 hat Terragie 1600 Kubikmeter davon in Säcken mit je 40 Liter Inhalt vermarktet. Um den Handel aber gleichbleibende Qualitäten anbieten zu können, nimmt Terragie dafür nur Feststoffe aus Biogasanlagen, bei denen der Input bekannt ist und die sich zu einer Betreibersteuerung bereit erklärt haben.

Das verbleibende Nährwasser aus dem Absetzer bzw. Fällprozess ist auf mindestens 1/3 der Nährstoffe aus der Ursprungsgülle reduziert und kann auf den landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht oder in ein von der Terragie entwickeltes Gewächshaus für die Produktion von aquatischen Pflanzen (z. B. Wasserlinsen) eingeleitet und dort komplett verstoffwechselt werden.

Die anfallende Biomasse aus dieser Produktion kann das ganze Jahr über kontinuierlich geerntet werden und findet aufgrund seines hohen Proteingehaltes wiederum seine Verwertung als Futtermittel oder wird für die Produktion von einem leistungssteigernden NAWARO-Inputstoff für Biogasanlagen verarbeitet.

Mit den Teilnehmern wurde im Anschluss diskutiert, ob die vorgestellten Verfahren für eine wirtschaftliche tragfähige Umsetzung in unserer veredelungsstarken Region in Weser-Ems Umsetzung aussichtsreich erscheinen. Denkbar wäre z. B. eine Umsetzung in Zusammenarbeit mit der bereits bestehenden Nährstoff Management Niedersachsen eG oder die Neugründung einer weiteren, Nährstoff verarbeitenden Genossenschaft. Den Teilnehmern wurde angeboten, in einer vom Genossenschaftsverband Weser-Ems koordinierten Projektgruppe die weitere Umsetzung zu begleiten.