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aef-Forum: Tönnies stellt sich dem Vorwurf der Überschussproduktion

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 10/2017

Keine Absage an die deutsche Nutztierhaltung

Auf dem aef-Forum: Harald Lesch (v. l.), Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems; Dr. Ludger Schulze-Pals, Chefredakteur top agrar; Uwe Bartels, Vorsitzender des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland; Clemens Tönnies; Benno Fangmann, Sprecher der Volksbanken im Landkreis Vechta

Gut 250 Zuhörer trafen sich auf Einladung von Uwe Bartels, dem Vorsitzenden des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland und Exminister, in Vechta, um Clemens Tönnies, Deutschlands größten Fleischproduzenten, zu treffen. Unter Moderation von Dr. Ludger Schulze-Pals, Chefredakteur des Fachmagazins top agrar, stellte sich Tönnies den Fragen zur Exportstrategie seines Unternehmens. Unterstützt wurde diese Veranstaltung von den Volksbanken und Raiffeisenbanken.

In seinem Begrüßungsstatement berief sich Bartels auf die Verteilung der Exportzahlen. Demnach werden drei Viertel aller Agrar- und Ernährungsprodukte innerhalb der EU exportiert, weniger als ein Viertel gehen in die Schweiz, China und Saudi-Arabien. Besonders überraschend ist der Anteil an exportierten Waren in Entwicklungsländer; dieser liegt lediglich bei 0,7 Prozent. Hier klafft laut Bartels eine große Kenntnislücke zu dem Vorwurf von weiten Teilen der Gesellschaft, dass der Export ohne Rücksicht auf kleinbäuerliche Strukturen in diesen Ländern stattfindet. Bartels bescheinigte dem Export grundsätzlich eine hohe Bedeutung für Deutschland, insbesondere auch für die Veredlungsregion Oldenburger Münsterland; stellte aber als Bedingung deutlich den Nachhaltigkeits- und Tierwohlaspekt für den Export heraus.

Tönnies zeigte sich in seinen Ausführungen offen für ein Mehr an Tierwohl in deutschen Ställen. Den dadurch entstehenden Mehraufwand sieht Tönnies eindeutig auf Seiten des Verbrauchers. In Richtung Einkaufsabteilungen des LEH appellierte er, den Preis nicht zu drücken, sondern diesen im Sinne der Landwirtschaft zukunftsfähig mitzugestalten. Er forderte die teilnehmenden Landwirte auf, sich selbstbewusst der öffentlichen Kritik zu stellen und stolz auf das Erreichte zu sein. Aber auch dort, wo berechtigte Kritik angebracht ist, Veränderungs-bereitschaft zu zeigen. Auch bekannte sich Tönnies offen zu den landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland; diese seien auch heute die ersten Ansprechpartner seines Unternehmens.

Auf die Frage des Moderators, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fleisch-produktion bestellt sei, räumte Tönnies ein, dass die Inlandsverbräuche und der Export in Korrelation stünden. Wenn die Branche den hiesigen Standard halten will, dann muss der Export eindeutig gestärkt werden. „Alles, was wir an Wertschöpfung generieren, wirkt sich positiv auf den Schweinepreis aus“, so seine Aussage. Der Export von qualitativ hohen Produkten aus Deutschland in Drittlandstaaten wird immer wettbewerbsfähig bleiben, so seine Prognose. Hier böten sich für die deutsche Landwirtschaft viele Potenziale und Chancen.

In diesem Zusammenhang forderte Tönnies die Politik auf, bessere Rahmenbedingungen für die Erschließung weiterer Exportmärkte zu schaffen. In der Vergangenheit habe man sich zu stark auf die großen Länder fokussiert; die daraus entstehenden Konsequenzen habe die deutsche Fleischbranche bei dem Russlandembargo deutlich zu spüren bekommen. Auf den Vorwurf, selbst große Kapazitäten in der Ukraine und auch in Serbien aufzubauen, entgegnete Tönnies, sich entsprechende „Exporttüren“ aufzuhalten. Nicht jedes Schwein müsse in Deutschland geschlachtet werden.

Diskutiert wurde abschließend die steigende Gefahr einer Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest für die deutsche Nutztierhaltung. Diese rücke kontinuierlich näher und stelle insbesondere für die viehdichte Region Südoldenburg eine Bedrohung für die ganze Wertschöpfungskette dar. Es müsse gezielt von Seiten der Politik, der Verbände und der Landwirte Vorsorge getroffen werden, um das Risiko auf ein Mindestmaß zu reduzieren.