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Trotz höherer Kaufpreise: Wohneigentum so erschwinglich wie seit 25 Jahren nicht

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 10/2017

Empirica-Studie: Kreditbelastung um 62 Prozent gesunken

 © Bausparkasse Schwäbisch Hall

Die eigene Immobilie ist heute so erschwinglich wie noch nie in den vergangenen 25 Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts Empirica im Auftrag der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Der Hauptgrund für diese günstige Entwicklung sind die niedrigen Zinsen, die in dieser Betrachtung die gestiegenen Kaufpreise deutlich wettmachen. So haben sich die Aufwände für Zins und Tilgung zwischen 1991 und 2015 mehr als halbiert.

Empirica hat für die Studie die Miet- und Kaufpreise sowie das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen in 30 repräsentativ ausgewählten Städten seit dem Jahr 1991 untersucht. Darunter waren sowohl Großstädte als auch Mittelzentren im gesamten Bundesgebiet. Aus den Preisen ermittelte das Institut die jeweilige Kredit- und Mietbelastung. Die Kreditbelastung ergibt sich aus dem Verhältnis der Zins- und Tilgungsleistungen zum Haushaltsnettoeinkommen. Die Mietbelastung wird ermittelt, indem die regionalen Mietkosten ins Verhältnis zum Haushaltsnettoeinkommen gesetzt werden.

Kreditbelastung erheblich gesunken

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass trotz vielerorts stark gestiegener Immobilienpreise die Kreditbelastung in allen betrachteten Städten zwischen 1991 und 2015 deutlich gesunken ist. Die Rückgänge betragen bei Eigentumswohnungen zwischen 43 Prozent in Trier und 78 Prozent in Minden. Im Bundesdurchschnitt beträgt der Rückgang 62 Prozent. Selbst in einer Stadt wie München, wo der Kaufpreis für eine Eigentumswohnung im Untersuchungszeitraum um 86 Prozent gestiegen ist, ging die Kreditbelastung um knapp 50 Prozent zurück. Nicht nur Eigentumswohnungen, für die in der Studie eine Wohnfläche von 80 qm zugrunde gelegt wurde, sind erschwinglicher geworden. Auch bei Eigenheimen (125 qm) ist die Kreditbelastung um knapp 60 Prozent zurückgegangen.

Der Hauptgrund für diese positive Entwicklung sind die gesunkenen Zinsen. 1991 lag der jährliche Zins- und Tilgungsaufwand noch bei rund zehn Prozent der Darlehenssumme. Inzwischen hat er sich mehr als halbiert und beträgt etwa 4,5 Prozent. „Die Studie zeigt: Wohneigentum ist heute trotz gestiegener Kaufpreise so erschwinglich wie nie seit der Wiedervereinigung. Dank der niedrigen Zinsen kommen durchschnittliche Haushalte aktuell viel leichter in die eigenen vier Wände“, sagt Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Mietbelastung weitgehend unverändert

Anders als die Kreditbelastung ist die Mietbelastung im Bundesdurchschnitt weitgehend stabil geblieben, obwohl die Mietkosten im Untersuchungszeitraum um 54 Prozent gestiegen sind. Allerdings haben sich die Nettoeinkommen mit einer Steigerung von 56 Prozent nahezu parallel entwickelt und gleichen die gestiegenen Mieten somit aus.

Vielerorts ist Kaufen günstiger als Mieten

Bei Eigentumswohnungen liegt die Kreditbelastung im Bundesdurchschnitt mittlerweile unter der Mietbelastung. Das heißt, für einen Haushalt mit mittlerem Einkommen ist es in den meisten Städten günstiger, eine Eigentumswohnung zu kaufen als zur Miete zu wohnen. Lediglich in München, Freiburg und Konstanz ist die Kreditbelastung geringfügig höher als die Mietbelastung. Bei Eigenheimen dagegen ist die Kreditbelastung trotz des deutlichen Rückgangs noch höher als die Mietbelastung.

„Die teilweise stark gestiegenen Immobilienpreise vermitteln den Eindruck, dass es in der Vergangenheit günstiger war, eine Immobilie zu erwerben als heute. Die Studie belegt: das Gegenteil ist der Fall – zumindest für Durchschnittsverdiener“, sagt Reiner Braun, Vorstandsmitglied der Empirica AG (Berlin).

Trotz der aktuell günstigen Rahmenbedingungen sollten Haushalte, die sich mit einem Immobilienerwerb beschäftigen, nicht außer Acht lassen, dass damit meist über viele Jahre hinweg eine erhebliche finanzielle Belastung verbunden ist. Denn ist der Bau oder Kauf von Wohneigentum nur aufgrund des niedrigen Zinsumfeldes erschwinglich, könnten Haushalte bei der Anschlussfinanzierung des Kredits in zehn oder zwanzig Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Nebenkosten oft ein Hindernis für Wohneigentum

Trotz der günstigen Rahmenbedingungen liegt Deutschland bei der Wohneigentumsquote im europäischen Vergleich seit Jahren auf den hinteren Plätzen. Besonders junge Familien haben es mangels Eigenkapital hierzulande schwer, einen Baukredit zu bekommen. Zum einen stellt die Wohnimmobilienkreditrichtlinie hohe Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung. Hinzu kommen hohe Kaufnebenkosten, die üblicherweise nicht von Banken finanziert werden und daher von den Bauherren und Hauskäufern selbst bezahlt werden müssen. Dazu gehören die Maklercourtage, die Notar- und Grundbuchgebühren und die Grunderwerbsteuer. Zusammen machen die Nebenkosten rund 10 bis 15 Prozent der Gesamtkosten aus. Die Studie zeigt, dass vor allem die Grunderwerbsteuer seit 1991 überproportional gestiegen ist. „Vor allem junge Familien dürfen nicht vom Wohneigentum ausgeschlossen werden. Darum sollte die Politik aufhören, die Grunderwerbsteuer immer weiter nach oben zu treiben und damit den Immobilienerwerb für viele unerreichbar zu machen“, so Reinhard Klein.