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Milchwirtschaft im Dialog über die Tierhaltung

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 03/2018

Die öffentliche Diskussion über die Tierhaltung wird gerade in dieser Zeit oft von Meinung statt von Wissen bestimmt. Tierhalter beobachten diese Entwicklung besorgt, die Journalisten des Projekts „Superkühe“ nahmen sie zum Anlass, 30 Tage lang drei Milchkühe auf drei unterschiedlich ausgerichteten Milchviehbetrieben zu begleiten.

 © Yorck Maecke
Gut besucht war wieder der Nordwestdeutscher Milchtreff.

Das Projekt „Superkühe“ im Auftrag des WDR stattete die drei Tiere mit Sensoren aus und ließ die Milchkühe aus drei Haltungsformen selbst auf dieser Basis live aus „ihrem Alltag“ berichten. 400.000 Verbraucher verfolgten die Story in den Sozialen Medien und wurden ganz unmittelbar mit grundsätzlichen Haltungsfragen bei der Produktion von Milch unterhalten.

Vor diesem thematischen Hintergrund trafen sich rund 300 milchwirtschaftliche Experten und Gäste am 23. Januar zum Branchentreff in der Vertretung der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen beim Bund in Berlin. Die Milcherzeugervereinigung Schleswig Holstein sowie die Landesvereinigungen der Milchwirtschaft der Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hatten zu einem Austausch im Rahmenprogramm der Internationalen Grünen Woche in Berlin eingeladen. In einer Talkrunde mit Andy Artmann von der Andreas Hermes Akademie berichteten Judith Siebers, Milchbäuerin aus Kleve und Sensorjournalist Björn Erichsen aus Hamburg über ihre Erfahrungen mit den „Superkühen“.

Der Nordwestdeutsche Milchtreff wurde bereits vor 11 Jahren von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen ins Leben gerufen und wird seit mehreren Jahren unter anderem auch von der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems gefördert.

Immer werde angezweifelt, ob es den Tieren auf unseren Höfen gut geht, ob sie glücklich und zufrieden sind, ob sie nicht leiden, so Peter Lüchow, Vorsitzender der Milcherzeugervereinigung Schleswig Holstein. Als Bauer mit langjähriger Erfahrung könne er das alles sehen, am Bewegungsablauf, an den Augen, am Fressverhalten. „Einem Nichtlandwirt kann ich all diese Dinge sicherlich erklären. Ich kann es nur nicht beweisen“, sagte Lüchow. Hier setze das Projekt „Superkühe“ an, welches die drei Kühe auf Basis der über verschiedene Sensoren übermittelten Daten „aus ihrem Leben berichten“ ließ. In der Landwirtschaft sei die Erhebung von digitalen Daten über Sensoren schon länger Gang und Gäbe, sie seien aus dem Herdenmanagement nicht mehr wegzudenken. Entscheidend sei es aber, sich als Landwirt aus der Summe der Daten ein Gesamtbild zu machen. „Insofern kann die moderne Technik nur eine Unterstützung sein, den Landwirt aber nicht ersetzen“, resümierte Lüschow. Er lobte den erfrischenden Ansatz der „Superkühe“ und die neutrale und sachliche Berichterstattung. Auch Staatssekretär Ingbert Liebing, Bevollmächtigter des Landes Schleswig-Holstein beim Bund betonte in seinem Grußwort die Bedeutung einer offenen Kommunikation über die Tierhaltung.

Im Interview mit Andy Artmann von der Andreas Hermes Akademie betonte Judith Siebers, eine der Milchbäuerinnen des „Superkühe“-Projekts, dass sie stolz darauf sei, dass sie den Mut aufgebracht habe, den Hof für das Projekt zu öffnen. Natürlich habe es viel Zeit in Anspruch genommen: „Ich stand der Hofreporterin jeden Tag 3 bis 4 Stunden Rede und Antwort. Mein Herdenmanager würde sich freuen, wenn ich so viel Zeit für ihn hätte.“ Der Journalist Björn Erichsen berichtete, dass er mehrere Monate vorab, tief in die Thematik der Sensoren rund um Milchkühe eingestiegen sei. „Ich habe im Laufe des Projektes eine enge Beziehung zu Kühen aufgebaut“, verriet er dem milchwirtschaftlichen Publikum. Nach anfänglichem Shitstorm seien in den Sozialen Medien sachliche Dialoge geführt und kritische Themen wie Enthornung, Trennung von Kuh und Kalb nicht ausgespart worden. Gemeinsam freuten sich Judith Siebers und Björn Erichsen über die so große Resonanz, die weit über die sozialen Medien hinausging. „Der Einsatz hat sich gelohnt“, resümierte Judith Siebers.