IfG: Erträge und Kosten – Neue Wege beschreiten
veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 05/2018
Über die Veranstaltung Erträge und Kosten – Neue Wege beschreiben“, die im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wissenschaft und Praxis im Gespräch“ des Instituts für Genossenschaftswesen (IfG) am 19. März stattfand, berichten die wissenschaftlichen Mitarbeiter Christian Golnik, Benedikt Lenz und Robin Wolf.
Banken in Deutschland befinden sich vor tiefgreifenden Herausforderungen. Neueste Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) für das Geschäftsjahr 2017 bescheinigen deutschen Genossenschaftsbanken trotz der Anforderungen aus Regulatorik, intensivem Wettbewerb und Niedrigzinsen einen sehr positiven Status-Quo. Doch wodurch entsteht dieser Erfolg oder lässt sich dieser und die Wettbewerbsfähigkeit von Genossenschaftsbanken sogar noch steigern? Der Einladung des Instituts für Genossenschaftswesen (IfG) folgten an die 200 Teilnehmer, um neue Wege und Lösungsansätze zu diskutieren, die es ermöglichen, auch in Zukunft die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben.
Ralf W. Barkey, Vorsitzender des Vorstandes des Genossenschaftsverband – Verband der Regionen, eröffnete die Veranstaltung mit seinem Vortrag zum Thema „Erträge, Kosten und genossenschaftliche Identität – Eine Aufgabe für die gesamte FinanzGruppe“. Direkt zu Beginn wies er darauf hin, dass trotz der allgemein positiven Stimmung in der deutschen Wirtschaft die Bankenbranche gemäß einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln vor schwierigen Zeiten stehe. Auch die Kunden und ihr Verhalten haben sich nachhaltig verändert. Barkey bedauerte den teils durch die Regulierung ausgelösten Konzentrationsprozess im deutschen Bankenmarkt, welcher gerade die kleinen Banken beträfe, von denen der deutsche Mittelstand in seiner Kreditversorgung so viele Vorteile hätte.
Matthias Battefeld, Vorstand der Hannoversche Volksbank eG, widmete sich in seinem Beitrag den neuen Wegen und Ertragspotenzialen im Privatkundengeschäft. Die Hannoversche Volksbank eG passte die Preise marktgerecht an, schuf eine neue Kundensegmentierung und strukturierte die bisherigen Stellen um. Zu Beginn der Umsetzungsphase stellte Battefeld eine genossenschaftlich-konservative Grundhaltung fest, im Nachhinein nutzte ein großer Anteil von Mitarbeitern die Chance, sich im Rahmen der Restrukturierung beruflich weiter zu entwickeln. Der Vertriebserfolg stellte sich zügig ein - das formulierte Ziel der qualitativ hochwertigen Beratung sah er durch erfolgte externe Auszeichnungen als Testsieger im Bereich Privatkunden-Beratung als erreicht an.
Bezogen auf die möglichen Synergien von Fusionen unter Genossenschaftsbanken referierte Dr. Veit Luxem, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Mönchengladbach eG. Dabei stellte er die aktuelle Ausgangssituation sowie die Erfolgsfaktoren von Fusionen dar und klärte die Frage, ob Fusionen die gewünschten Synergien erreichen können. Banken müssen Effekte aus dem demographischen Wandel sowie der Verteilung von Vermögen kompensieren. In diesem Kontext sieht Dr. Luxem die Erfolgsfaktoren in der Vision, der Strategie und in der Führung in der Bank.
Wie seine Vorredner sah Dr. Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank eG, die Bankenwelt vor großen Veränderungen mit Einflüssen auf das Betriebsergebnis einer Bank. Um genau dieser Entwicklung entgegenzuwirken, zeigt er drei Handlungsalterativen auf: Zum einen ist eine solche ein Filialkonzept und Aktivitäten mit Startups. Zum anderen nannte er Kosteneinsparungen. Als dritte Möglichkeit zeigte er den Weg der Hamburger Volksbank eG auf. Um den zukünftigen Weg seiner Bank zu zeigen, ging er auf das Projekt „Smartes Volksbanking 2020+“ ein.
Unter Moderation von Frau Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl widmeten sich vier Diskutanten abschließend der Bedrohung des genossenschaftlichen Geschäftsmodells durch die neuen Ertrags- und Kostenanforderungen. Die positive Ausgangsposition der genossenschaftlichen Bankengruppe als kapitalstärkste, profitabelste und wachstumsstärkste Bankengruppe in Deutschland stellte Stefan Dreyer, Partner der zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh, dabei zu Beginn heraus. Die Frage sei jedoch, wie man insbesondere auf die gleichgewichtsstörende Herausforderung der Digitalisierung zu reagieren habe und seine Investitionsspielräume geschickt nutze. Ralf W. Barkey unterstrich den positiven Zustand der Genossenschaftsbanken im Angesicht von Kosten- und Ertragsfragen, mahnte jedoch eine erhöhte Entwicklungsgeschwindigkeit und mehr Experimentierfreude an, um diesen Zustand in die Zukunft tragen zu können.
Angesichts der wahrnehmbaren Digitalisierung forderte Norbert Friedrich, Vorstand der Volksbank Trier eG, die Instrumente und Ansätze zu nutzen, die in der Gruppe insgesamt an digitalen Lösungen bereits vorhanden seien und zugleich das Grundgeschäft nicht zu vergessen. Ebenso sei ein behutsamer Vorgang beim keineswegs trivialen Aufbau des Digitalkundensegments angeraten. Den Kunden als Geschäftsfreund und die Genossenschaftsbank als integralen Bestandteil der Gesellschaft betonte Wolfgang Altmüller, Vorstandsvorsitzender der VR meine Raiffeisenbank eG, in seiner positiven Bilanz aus 14 Jahren regionaler Förderung. Dabei gab er mit Blick in die Zukunft jedoch gleichsam zu erkennen, dass die Erwartungen des Kunden in der (digitalen) Zukunft nur schwer vorhersagbar seien.
Einigkeit herrschte unter den Diskutanten hinsichtlich der Bewertung von Fusionsaktivitäten im genossenschaftlichen Finanzsektor: Begrüßenswert, wenn strategie- und marktgetrieben sowie kundendienlich; nicht erstrebenswert hingegen, wenn aufsichtsgetrieben oder aus einer anderweitigen Zwangssituation heraus.
Fragen zur Entwicklung des analogen hin zum digitalen Kunden bildeten den Übergang zu der für alle Beteiligten stets schwierigen Thematik der Filialschließungen. Hierzu resümierte Stephan Dreyer, dass die sinkende Tendenz der Filialpräsenz und die steigende Onlineaktivität zwar zweifelsfrei zu beobachten seien, der menschliche Austausch jedoch wichtig bleibe und die häufig beschworene Annahme der Kundenabwanderung durch Filialschließung keineswegs erwiesen sei. Letztlich gelte es, das Verhältnis zum Kunden vor dem Hintergrund der Digitalisierung neu zu gestalten. Aus Sicht von Ralf W. Barkey heißt dies, den Kunden nicht in analoge oder digitale Gruppen aufzuteilen.
Nicht zuletzt das Beispiel aus dem Plenum durch Andreas Stein, Vorstand der Raiffeisenbank Tüngental eG, mahnte an, die lokalen Strukturen zu würdigen. Fazit des Podiums blieb das gemeinsame Ziel, die vorhandenen Stärken zu nutzen, um sich auf festem Fundament aus Regionalität, Kundennähe und genossenschaftlichem Geschäftsmodell für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten.