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Nachhaltigkeitskonferenz von Union Investment

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 08/2018

Was die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen für Politik, Wirtschaft und Investoren bedeuten

 © Union Investment
Sigmar Gabriel, Bundesaußenminister a. D., fand auf der Nachhaltigkeitskonferenz von Union Investment gewohnt deutlich Worte.

65 Prozent der institutionellen Anleger in Deutschland berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien bei der Kapitalanlage. Eine wichtige Rolle spielt zudem ein Nachweis der Wirkung nachhaltiger Geldanlagen. So gaben 78 Prozent der Investoren an, dass sie sich eher nachhaltigen Kapitalanlagen zuwenden würden, wenn deren ökologische, soziale oder ethische Wirkungen gemessen würden. Dies geht aus der Nachhaltigkeitsstudie von Union Investment in Zusammenarbeit mit Prof. Henry Schäfer von der Universität Stuttgart hervor, für die 203 Großanleger in Deutschland mit einem verwalteten Vermögen von insgesamt sechs Billionen Euro befragt wurden.

Erheblichen Informationsbedarf haben die Befragten im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals). Knapp die Hälfte der Investoren (47 Prozent) verfügt bislang nach eigenen Angaben über keine oder nur sehr geringe Kenntnisse der Sustainable Development Goals (SDGs). Um dies zu ändern, rückte Union Investment die Ziele und Inhalte der Vereinten Nationen in den Fokus der jährlichen Nachhaltigkeitskonferenz. Alexander Schindler, im Vorstand von Union Investment zuständig für institutionelle Kunden, konnte im Palmengarten in Frankfurt am Main auch in diesem Jahr viele Besucher aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe begrüßen. Zur Eröffnung betonte er: „Die Einigung der Weltgemeinschaft auf die Agenda 2030 und die Umsetzung der SDGs markieren den Beginn einer Transformation der Welt zu mehr Nachhaltigkeit.“

In seiner Keynote unter der Überschrift „Zukunftsfähiges Deutschland – welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?“ beschrieb Sigmar Gabriel, Bundesaußenminister a. D., die Herausforderungen für die Politik beim Thema Nachhaltigkeit recht plastisch: „Die aktuelle Nachhaltigkeitsstrategie Deutschlands postuliert eine ‚enkelgerechte‘ Zukunft und hat eine ganze Reihe von Zielen, z. B. den Ausstieg aus der Atomindustrie oder die Schuldenbremse. Ihr Nachteil ist, dass sie eine Strategie ist, und nicht zwangsläufig eine Verpflichtung, die mit Zielen für die einzelnen Ressorts der Bundesregierung unterlegt wird.“ In der anschließenden Fragerunde zeigte er das Spannungsfeld auf, in dem sich die Politik aktuell bewegt. Einerseits habe sie bestimmte Entwicklungen verschlafen, andererseits zeige u. a. die Dieseldebatte, dass man nun zu einem gewissen Aktionismus neige.

Die globalen sozialen und ökonomischen Herausforderungen durch den Klimawandel erläuterte Jeroen Dijsselbloem, ehemaliger Vorsitzender der Euro-Gruppe, und forderte eine zeitnahe Energiewende. Aus seiner Sicht sind Investitionen in die Infrastruktur, beispielsweise in die für Elektrizität, eine von mehreren Möglichkeiten für Investoren, langfristig profitabel zu agieren. Abschließend betonte Dijsselbloem, dass Europa sein soziales und wirtschaftliches Erfolgsmodell um die Dimension der Nachhaltigkeit erweitern müsse.

Prof. Dr. Günther Schuh, Experte für Elektromobilität von der RWTH Aachen, sieht die größten Herausforderungen auf diesem Gebiet in der Batterieversorgung von Elektrofahrzeugen. Er forderte eine Revolution des Verkehrs in den Innenstädten und mehr Engagement von Investoren, denn in Deutschland sei keine funktionierende Equity-Szene für nachhaltige Innovationen vorhanden.

Ruud Veltenaar, Philosoph und Trendbeobachter, plädierte für eine wertebasierte Unternehmensführung. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts erwartet er 1,5 Milliarden Klimaflüchtlinge. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hält er vorausschauendes Handeln und den Zugang zu Bildung für unverzichtbar – und das, ohne Zeit zu verschwenden, auch wenn die Auswirkungen dieses Handelns erst in einiger Zeit erkennbar sein dürften.

Als Abteilungsdirektor Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsbank (DEG) referierte Martin Geiger über den praktischen Nutzen der SDGs für deutsche Unternehmen. Das Besondere: Die DEG hat sogar ihre Kundenratings an den SDGs ausgerichtet.

Für Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit & Engagement bei Union Investment, ist eines klar: Fundamentales und nachhaltiges Research gehen zukünftig Hand in Hand. Nachhaltigkeit hat aber auch bei Gesprächen mit den Unternehmen eine hohe Bedeutung: „Heutzutage muss jeder Sektoranalyst über das Thema Nachhaltigkeit informiert sein und es auch im Unternehmensgespräch anbringen“, erklärt er. Die Datenbasis habe sich hier in den letzten Jahren sowohl bei europäischen als auch bei US-amerikanischen und asiatischen Unternehmen deutlich verbessert. In Europa habe vor allem die Regulierung dazu beigetragen, dass Unternehmen mehr Nachhaltigkeitsdaten zur Verfügung stellen.