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Energie-Treffpunkt Weser-Ems: Flexibilisierung und Ausschreibung bei Biogasanlagen

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 12/2018

Mit Unterstützung des GVWE-Arbeitskreises Energiegenossenschaften und -gesellschaften fand unter der Koordination von Referent Ralf-Peter Janik, Abteilung Marketing – Verbundkoordination – Gründungsberatung unseres Verbandes, ein weiterer Energie-Treffpunkt Weser-Ems zum Thema „Flexibilisierung und Ausschreibung bei Biogasanlagen“ statt.

 © GVWE
Dipl.-Ing. agr. Peter Schünemann-Plag ging in seinem Vortrag auf die Flexibilisierung und Ausschreibung bei Biogasanlagen ein.

Dipl.-Ing. agr. Peter Schünemann-Plag, Berater Energietechnik, Betriebswirtschaft, Förderung, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, erörterte im Rahmen des Treffpunktes die Flexibilisierung als einen wesentlichen Grundstein für einen möglichen 10-jährigen Weiterbetrieb der Anlagen und ging zudem auf das Ausschreibungsverfahren nach dem EEG 2017 ein.

Ab dem EEG 2012, so Schünemann-Plag, können Biogasanlagen mithilfe der Flexibilitätsprämie (130,– €/kW/Jahr Zusatzleistung, degressiv ab doppelter Überbauung) ihre Leistung erhöhen, um ihre Stromproduktion flexibel am Markt anzubieten und dabei insbesondere die fluktuierende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie auszugleichen. Seit dem EEG 2014 müssen sie dabei den Zubaudeckel von insgesamt 1.350 Megawatt einhalten. Überwacht wird dies von der Bundesnetzagentur mit dem sogenannten Anlagenregister (ab 4. Dezember 2018 ersetzt durch das Marktstammdatenregister). Der aktuelle Zubau beträgt per Ende August 736,327 MW. Ausgezahlt wird die Prämie über eine Dauer von 10 Jahren durch den Netzbetreiber zusammen mit der Marktprämie. Der notwendige Investitionsbedarf neben dem BHKW betrifft die Einspeisung des Stroms (Trafo, Anlagenzertifikat), flexiblen Gasspeicher, Wärmepufferspeicher sowie die Integrationskosten in die bestehende Anlage.

Je nach individueller Voraussetzung, geplantem Überbauungsgrad und vorhandenem Wärmekonzept betragen die Investitionskosten zwischen 1.145 Euro und 1.684 Euro je kW Zubauleistung (Vortragsmodell). In der Summe sind deshalb Investitionshöhen bei einfacher bis vierfacher Überbauung in Höhe von ca. 0,82 bis 2,29 Millionen Euro zu erwarten.

Idealerweise verbessert die Flexibilisierung die Effizienz der Biogasanlage. Hervorzuheben ist hier der in der Regel höhere elektrische Wirkungsgrad des neuen Flex-BHKWs gegenüber dem vorhandenen Bestands-BHKW. Neben der Flexibilitätsprämie, die 55–65 Prozent des Mehrerlöses der Flexibilisierung ausmacht, ist aus der Substratersparnis deshalb ein Mehrleistungsanteil von 20–25 Prozent zu erwarten. Die Strommarktmehrerlöse werden häufig mit 10–25 Prozent angegeben. Hier deutet sich gerade eine Marktverschiebung weg von Regelenergieprodukten hin zu kurzfristigem Handel (Day ahead, Intraday) an. Für eine wirtschaftliche Durchführung einer Flexibilisierung muss der Flex-Zeitraum von maximal 10 Jahren ganz zur Verfügung stehen (Alter der Anlage, Zeitpunkt früherer Meldungen) und insgesamt günstige Voraussetzungen herrschen. Nur dann ist mit Gesamtkapitalrenditen von maximal 6 Prozent, in seltenen Fällen 8 Prozent, zu rechnen. Der Gesamtvorteil steigt, wenn die Anlage damit die Voraussetzungen für einen späteren Weiterbetrieb nach Ausschreibung schafft.

Das EEG 2017, führte Schünemann-Plag weiter aus, eröffnet erstmalig Biogasanlagen die Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren. Hierbei wird Leistung ersteigert mit der Maßgabe, dass die spätere durchschnittliche Jahresleistung nur die Hälfte dieser Leistung betragen darf. Hier zeigt sich dann der Vorteil einer schon vorhandenen Leistungserhöhung aus der vorangegangenen Flexibilisierung, denn es winkt nach Ausschreibung neben der Stromvergütung ein Flexibilitätszuschlag für die neue 10-jährige Laufzeit in Höhe von 40 Euro/kW. Das Ausschreibungsverfahren ist fehlerträchtig (Formulare, Fristen, Genehmigungen, Sicherheiten) und sollte nur mit Unterstützung von Experten durchgeführt werden, um nicht ein Jahr (und damit eine Degressionsstufe von 1 Prozent) zu verschenken. Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die jeweils höchstmöglichen Gebote auch einen Zuschlag erhalten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Neu- und Bestandsbiogasanlagen gemeinsam mit anderen Biomasseanlagen in einer Ausschreibung aufgerufen werden. Für diese verschiedenen Teilnehmer gelten dabei ganz unterschiedliche individuelle Höchstgebotsgrenzen! Derzeit reicht aber das jeweilige Ausschreibungsvolumen bei Weitem für alle Gebote aus.

Bei Zuschlagswerten von 16,73 Cent/kWh Strom (2018) gegenüber aktuellen durchschnittlichen Einspeiseerlösen von rund 21,50 Cent/kWh im Bestand rechnet sich der Weiterbetrieb für weitere 10 Jahre natürlich nicht für alle Anlagen. Bei operativen Kosten von 12,5 bis 15,5 Cent/kWh kommen nur die bisher erfolgreichsten Anlagen überhaupt für einen Weiterbetrieb infrage. Dabei dürfen die notwendigen Anschlussinvestitionen nicht zu hoch ausfallen und es sollten Zusatzerlöse, z. B. aus der Vermarktung von Wärme, sowie Strommarktmehrerlöse erschlossen werden.

Zusammen mit weiteren „Halbzeitinvestitionen“, wie z. B. Behälterbau mit Umbau der Fütterung, führt die Flexibilisierung zu einem erheblichen Kapitalbedarf. Die Berechnung der Rentabilität und die Abschätzung von Risiken empfiehlt die Einbeziehung von Beratungsexperten, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, so Schünemann-Plag.