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Agrar-Treffpunkt Weser-Ems zeigt aktuelle Aspekte zur Bullenmast auf

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 01/2019

Welche Einflüsse haben die Rasse, das Produktionsverfahren und die Baukosten auf die Wirtschaftlichkeit in der Bullenmast? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Agrar-Treffpunktes im Akademiehotel Rastede.

 © GVWE

Auf Initiative des Arbeitskreis Landwirtschaft unter Koordination von Ralf-Peter Janik, Abteilung Marketing – Verbundkoordination – Gründungsberatung unseres Verbandes, fand der 19. Agrar-Treffpunkt zum Thema „Erfolgreich in der Bullenmast! Welche Einflüsse haben die Rasse, das Produktionsverfahren und die Baukosten auf die Wirtschaftlichkeit in der Bullenmast?“ statt.

Die Experten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Dr. Albert Hortmann-Scholten und Wilfried Naue, stellten die Chancen der heimischen Rindfleischerzeugung den Vertreterinnen und Vertretern der Volksbanken und Raiffeisenbanken und der Ländlichen Genossenschaften aus Weser-Ems vor. Abgerundet wurde der Agrar-Treffpunkt Weser-Ems durch einen Bericht zur Betriebsentwicklung in der Bullenmast von Landwirt Hans Baumann vom Carolinenhof aus Barßel.
Zahlreiche Betriebsaufgaben, sinkende Tierbestände und immer höhere Produktionsanforderungen kennzeichnen die Rahmenbedingungen der deutschen Bullenmast, so Dr. Albert Hortmann-Scholten. Auf der anderen Seite wächst der Bedarf vor allen Dingen an hochwertigem Rindfleisch von Jahr zu Jahr. Änderungen der Verzehrgewohnheiten und demografische Entwicklungen führen dazu, dass der Rindfleischkonsum in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. Auf der anderen Seite hat aufgrund der rückläufigen Produktion der Selbstversorgungsgrad in Deutschland Werte von deutlich unter 100 Prozent  erreicht.
Neue Handelsverträge der EU könnten allerdings den Rindfleischmarkt belasten. Mittelfristig dürfte das höhere Erzeugerpreisniveau zusätzliches Angebot anlocken. Derzeit laufen Verhandlungen über neue Handelsvereinbarungen mit den  sogenannten Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay). Diese sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden.
Für den europäischen Rindfleischmarkt bedeutet dies, dass den Mercosur-Staaten eine Einfuhrmenge von 70.000–100.000 Tonnen hochwertigem Rindfleisch eingeräumt werden könne. Die Südamerikaner liefern bereits jetzt mehr als 75 Prozent des in die Europäische Union importierten Rindfleisches. Besonders problematisch ist, dass die Mengen nahezu ausschließlich aus hochwertigen Teilstücken bestehen und nach Expertenschätzungen einen Anteil von bis zu 20 Prozent des Rindfleischsegments ausmachen können. Unterstützung, so Dr. Hortmann-Scholten, erfährt der Rindfleischmarkt durch eine zu erwartende weitere EU-weite Bestandsreduktion. Dies trifft in erster Linie die Kuhbestände. Beim Abbau von Milchkuh- und Mutterkuhherden werden weniger Nutzkälber verfügbar sein. Dabei gibt es innerhalb der Bundesrepublik regionale Unterschiede. Hochburg der deutschen Rinderhaltung wird weiterhin Bayern bleiben, wo rund ein Viertel aller Tiere gehalten werden. Allerdings ist aufgrund der kleinstrukturierten Rinderhaltung hier von einem beschleunigten Strukturwandel auszugehen.
Sein Ausblick für die nächsten Jahre fiel positiv aus. Aufgrund der vorliegenden Rinderbestandserhebungen ist von einer um etwa 2 Prozent geringeren Brutto-
eigenerzeugung in 2019 auszugehen. Gleichzeitig wird der Verzehr an Rindfleisch, wie bereits in diesem vergangenen  Jahr, geringfügig steigen und die 10-kg-Grenze pro Kopf und Jahr übersteigen. Infolgedessen geraten Angebot und Nachfrage in Deutschland zunehmend ins Ungleichgewicht, sodass der rechnerische Selbstversorgungsgrad auf schätzungsweise 92 bis 94 Prozent zurückfallen wird. Daher können Rindfleischerzeuger insgesamt zuversichtlich auf die weitere Entwicklung schauen. Es besteht eine gute Chance, dass die Erzeugerpreise, sowohl für Schlachtkühe als auch Jungbullen, sich oberhalb des Vorjahres etablieren werden.
Die Entscheidung eines Landwirts, ob er in die Bullenmast investiert, bedarf der
Entscheidung, welchen Weg er gehen möchte. Die ersten, aber entscheidenden Fragen, die der Landwirt beantworten muss, sind, welches Produktionsverfahren, welche Rasse oder wie er die Mastbullen aufstallen möchte. Nach Aussagen von  Dr. Hortmann-Scholten, überlegen aktive Bullenmäster selbst vielfach, weiter in der Bullenmast zu investieren. Hier zeigen die Auswertungsergebnisse erhebliche Unterschiede zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben.
„Das Auge des Landwirts mästet das Vieh“, so Wilfried Naue in seinem Vortrag. Dieses alte Sprichwort hat auch heute noch Gültigkeit. Die tägliche Kontrolle und die Beobachtung der Tiere, die Untersuchung des Grundfutters, die kontinuierliche Anpassung der Futterration an das Leistungsvermögen des Tieres sind die Grundlage einer erfolgreichen Bullenmast. Letztlich muss der Mastbulle täglich mehr Futter fressen, als er eigentlich benötigt.
Eine Investition in die Bullenmast muss nach seinen Aussagen sehr überlegt er-folgen. Anhand von Durchschnittszahlen zeigte Naue auf, dass der Durchschnitt bei den Kennzahlen nicht ausreicht, um einen positiven Geldüberschuss zu erwirtschaften. Als Beispiel diente eine Investition in einen Bullenmaststall mit 200 Plätzen.
Welcher Spielraum bei der direktkostenfreien Leistung, bei den Baukosten oder der Finanzierung noch vorhanden ist, sollte immer im Einzelfall mit dem Fachberater der Kammer besprochen werden.  Anhand einer Beispielrechnung zeigte Naue auf, dass bei den Ergebnissen der 25 Prozent Erfolgreichen auch dort nur geringe Spielräume für eine Investition vorhanden sind.
Wilfried Naue fasste seine Erkenntnisse wie folgt zusammen:
- Die Bullenmast ist kapitalintensiv und eine „knappe Kiste“.
- Nur die besten Mäster mit höchsten Leistungen sind auch finanziell erfolgreich.
- Neueinsteiger sollten im Verfahren Fresserzukauf starten.
Abgerundet wurde der Agrar-Treffpunkt Weser-Ems durch einen Erfahrungsbericht von Landwirt Hans Baumann vom Carolinenhof aus Barßel, der seine positive Betriebsentwicklung in der Bullenmast schilderte.


Verfasser:
Dr. Albert Hortmann-Scholten, Wilfried Naue, Landwirtschaftskammer Niedersachsen