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Mittelständische Banken in Europa stärken

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 05/2019

Europa hat die Wahl. Nicht nur der Brexit setzt die Europäische Union (EU) unter Druck, sondern auch Re-Nationalisierungstendenzen und ein zunehmender Populismus in den verbleibenden Mitgliedsstaaten. Für einige gilt das Jahr 2019 als Schicksalsjahr der EU.

Für die Genossenschaftliche FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken steht fest: Die europäische Einigung ist ein einzigartiges Friedens- und Wohlstandsprojekt. Wir wollen ein starkes und geeintes Europa. Doch damit Europa wieder stärker wird und relevant bleibt, muss es sich auf seine Grundwerte zurückbesinnen. Vielfältig, dezentral und subsidiär, das zeichnet Europa aus – ebenso wie die Genossenschaftsbanken.

Zurecht ist das Motto der europäischen Einigung „In Vielfalt geeint“. Nationale und regionale Diversität sind kein Nachteil, sondern das Besondere an Europa. Statt durch zu weit gehende und zu bürokratische Regulierung europaweite „One-size-fits-all“-Lösungen herbeizuführen, sollten wir die europäische Vielfalt und Subsidiarität wahren. Dabei muss auch sichergestellt werden, dass durch eine hinreichend differenzierte Regulierung die Vielfalt im Banken- und Finanzmarktbereich erhalten bleibt.

Die auslaufende Legislaturperiode des Europaparlaments war eine Phase der Regulierung. In der kommenden Legislaturperiode sollte der bestehende Regulierungsrahmen konsequent überprüft werden. Wir fordern daher eine Phase der Konsolidierung in der Banken- und Finanzmarktregulierung. Der Fokus der Finanzmarktpolitik der nächsten Jahre muss auf „better regulation“ liegen. Eine unproportionierte Finanzmarktregulierung hat damit auch Auswirkungen auf die regionale Mittelstandsfinanzierung und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Regionen.

Die Stabilisierung der Finanzmärkte kann langfristig nur gelingen, wenn die Wirtschaft robust ist und wächst – und das nicht nur in einigen wenigen Metropolen unseres Landes. Es ist auch in den nächsten Jahren wichtig, dass die Rolle der Genossenschaftsbanken gestärkt und nicht geschwächt wird. In den nächsten Jahren braucht es daher eine stärker auf mittelständische Banken ausgerichtete Politik.

ZEHN POSITIONEN ZUR EUROPAWAHL 2019 DES BVR

1. Proportionalität bei der Regulierung umsetzen, eine Small Banking Box einführen

Regulierung, Aufsicht und Kontrolle sind wichtig, benötigen jedoch mehr Augenmaß. Regional tätige Banken dürfen nicht genauso behandelt werden wie international tätige, systemrelevante Institute.

2. Die Zeit ist nicht reif für EDIS – keine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung

Mit einer Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa drohen enorme Risikotransfers im Bankensystem und höhere Systemrisiken. Oberste Priorität muss stattdessen der deutliche Abbau der Risiken und deren risikogerechte Bepreisung bei den Banken haben.

3. Nachhaltige Finanzierungen sinnvoll fördern

Nachhaltiges Wirtschaften gehört seit jeher zum Geschäftsmodell genossenschaftlicher Finanzinstitute in Deutschland. Wir begrüßen deshalb grundsätzlich das Ziel der Europäischen Kommission, mehr Mittel für eine nachhaltige Wirtschaft bereitzustellen.

4. Chancen der Digitalisierung wettbewerbsneutral nutzen

Im Zeitalter der Digitalisierung verändern neue Technologien und Wettbewerber das traditionelle Bankgeschäft. Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen jederzeit Anlegerschutz gewährleisten und Innovationen zulassen. Es braucht fairen Wettbewerb, getreu dem Grundsatz: „Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regeln“.

5. Die Zukunft des Zahlungsverkehrs sicher gestalten

Die Vernetzung in einem neuen digitalen Ökosystem bietet große Chancen, geht aber auch einher mit Risiken. Bei Zahlungssystemen sind letztlich immer die Banken in der Primärhaftung. Daher ist die Sicherheit von Zahlungssystemen von existenzieller Bedeutung.

6. Wirtschaft- und Währungsunion: Reformweg hin zur Stabilitätsunion

Der langfristige Erfolg der Währungszone liegt in einer klugen Wirtschaftspolitik und in soliden öffentlichen Finanzen. Die Reform der Eurozone muss daher auf eine Stärkung der Fiskalregeln abzielen, statt auf die Schaffung neuer Transfers.

7. Stärkung der Mittelstandsfinanzierung bei Ausgestaltung der Kapitalmarktunion

Bei der Ausgestaltung der Kapitalmarkt-union darf die Kreditfinanzierung durch regionale Banken nicht benachteiligt werden. Erforderlich ist eine Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion in Form einer echten Mittelstandsoffensive.

8. „Besser Regulieren“ als dauerhaftes Prinzip umsetzen

Finanzmarktregulierung ist kein Selbstzweck. Gute Regulierung zeichnet sich darin aus, dass sie Kunden und Unternehmen mehr Nutzen stiftet als sie Lasten aufbürdet. Regulierung muss in den Folgen abgeschätzt sein. Auch hier gilt es, Subsidiarität zu wahren.

9. Den Finanzverbraucherschutz praxisnah gestalten

Guter Verbraucherschutz ist der genossenschaftlichen FinanzGruppe ein wichtiges Anliegen. Wenn aber überzogene Bürokratie es faktisch unmöglich macht, ein Produkt anzubieten, ist keiner Seite geholfen. Finanzverbraucherschutz muss die Interessen der Verbraucher und des Marktes sinnvoll austarieren.

10. Finanztransaktionssteuer aufgeben – Belastung von Unternehmen & Sparern droht

Zurecht wurde die Finanztransaktionssteuer bisher nicht eingeführt. Die Gefahr besteht, dass die Steuer privates Sparen und die Finanzierung der Realwirtschaft hemmt. Europäische Vorhaben, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, sollten aufgegeben werden.