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Energie-Treffpunkt Weser-Ems: Wie ein E-Auto zu einem „Kraftwerk“ auf Rädern wird

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 06/2019

Mit Unterstützung des GVWE-Arbeitskreises Energiegenossenschaften und -gesellschaften fand ein weiterer Energie-Treffpunkt Weser-Ems zum Thema „Ist die Kombination E-Fahrzeug, PV-Anlage und Batteriespeicher im privaten oder unternehmerischen Umfeld schon jetzt ökonomisch sinnvoll?“ statt.

 

Nach der Begrüßung der Teilnehmer stellte Referent Ralf-Peter Janik den Arbeitskreis und seine Mitglieder vor und widmete sich danach dem Thema Elektromobilität. Fest steht:

Elektromobilität nimmt immer mehr an Fahrt auf.

Treiber dieser Entwicklung sind unter anderem der Klimawandel, die Fridays-for-Future-Bewegung oder auf lokaler Ebene Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Gemeinden und Städten. Immer mehr elektrifizierte Pkw-Modelle wecken das Interesse von privaten Haushalten und Unternehmern. Aktuell sind beim Kraftfahrtbundesamt rund 150.000 Pkw mit Elektro- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb gemeldet.* Im ersten Quartal 2019 wurden 23.300 Elektrofahrzeuge neu zugelassen (gegenüber dem ersten Quartal 2018 mit 17.600 ein Zuwachs von 33 Prozent)**. Mit den Fahrzeugen hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre auch die Anzahl der Ladepunkte um 120 Prozent auf rund 16.100 Ladepunkte erhöht. Davon sind zwölf Prozent Schnelllader.*** Elektrofahrzeuge werden für Mobilitätslösungen in den kommenden Jahren, auch politisch unterstützt, enorm an Bedeutung gewinnen. Ein Blick zu den großen Automobilherstellern in Deutschland und der Welt bestätigt dies. Beispielhaft für Weser-Ems: Ab 2023 sollen die ersten elektrischen Kompakt-SUV im Volkswagen-Werk Emden vom Band rollen.

Nach diesem kurzen Einblick leitete Janik an den Referenten der Veranstaltung über. Dr. Stefan Lösch vom Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM), Bremen, veranschaulichte den Teilnehmern der Genossenschaftsbanken, Ländlichen Genossenschaften und Energiegenossenschaften den aktuellen Status und berichtete über die zukünftige Entwicklung der Elektromobilität samt ihren Chancen im Bereich der Energiesysteme. Auch er zeigte Kennzahlen, die den starken Aufwärtstrend der Elektromobilität bestätigen. So sollen beispielsweise ab 2025 in Norwegen nur noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb neu zugelassen werden. China und Indien sehen Zulassungsverbote für Verbrennungsmotoren ab 2030 vor.

Lösch klärte die Teilnehmer über praktische Themen bei der Nutzung eines E-Autos auf und beantworte Fragen wie: Wie und wo lade ich mein Fahrzeug auf? Wie lange dauert das Laden und welche Ladestecker-Typen gibt es? Dabei zeigte er die grundsätzlichen Unterschiede zwischen der konduktiven (kabelgebundenen) Ladung und der induktiven (kabellosen) Ladung per Induktionsplatte auf. Chancen sieht Lösch für das induktive Laden vor allem im öffentlichen Personennahverkehr, da hier das Laden über Ladespuren auch während der Fahrt möglich ist, wie das IFAM in einem von der Bundesregierung geförderten Forschungsprojekt zusammen mit Projektpartnern bewiesen hat.

Auch dass Strom nicht gleich Strom ist, erläuterte Lösch. Grundsätzlich wird zwischen Gleichstrom (DC) und Wechselstrom (AC) unterschieden. Batterien der Elektroautos können jedoch ausschließlich Gleichstrom (DC) speichern bzw. abgeben. Fast alle Energiequellen in unserem Alltag wie Schuko-Steckdosen oder die meisten Ladestationen geben AC aus. Dieser AC muss mit einem On-Board-Ladegerät im Fahrzeug in DC umgewandelt werden. Bei manchen Elektroautos gibt es mit der DC-Ladestation eine schnellere Alternative zum AC-Laden. Mithilfe eines Gleichrichters der DC-Ladestation wird der Strom direkt in die Batterie geladen. Diese sogenannten Schnellladestationen ermöglichen hohe Ladeleistungen. Sie werden aber aufgrund ihrer hohen Kosten hauptsächlich im öffentlichen Bereich an Hauptverkehrsachsen eingesetzt.

Nach diesen grundsätzlichen Einführungen ging es im zweiten Teil der Veranstaltung darum, dass Elektrofahrzeuge nicht nur der Mobilität dienen können. Durch die Integration von E-Autos in ein Energieversorgungssystem (z. B. Photovoltaikanlage mit Speicher) öffnen sich neue wirtschaftliche Potenziale, im privaten, aber auch insbesondere im gewerblichen Umfeld. Das E-Auto bietet die Möglichkeit, ein „Kraftwerk auf Rädern“ zu sein. Wird bisher das E-Fahrzeug beim sogenannten unidirektionalen Laden „nur“ geladen, bietet der bidirektionale Ladevorgang über das Laden des Fahrzeugs hinaus die Möglichkeit, den Strom an das Gebäude zurück zu speisen. Das E-Fahrzeug kann damit als Pufferspeicher für überschüssigen PV-Strom dienen und somit den Autarkiegrad des Gebäudes erhöhen. Die dafür notwendige rückspeisefähige Ladestation befindet sich bislang noch im Prototypenstatus und ist noch sehr teuer. Aktuell bieten nur asiatische E-Fahrzeug-Hersteller die bidirektionale Funktion fahrzeugseitig an. Ab 2024 wollen deutsche Hersteller mit Lösungen nachziehen.

Das Fraunhofer IFAM unterstützt diesen Technologiewandel aktiv und zeigte in diesem praxisorientierten Fachseminar den Teilnehmern verständlich, wie Elektromobilität in einfache, aber auch komplexe Energieversorgungssysteme von Gebäuden eingebunden werden kann. Dabei steht stets das ökonomische als auch ökologische Potenzial im Vordergrund. Das Seminar wurde durch zahlreiche Praxisbeispiele und Informationen zu zukünftigen Entwicklungen begleitet. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Energiesystemen unter Einbindung von Elektrofahrzeugen durch eine techno-ökonomische Szenarien-Bewertung mittels eines am Fraunhofer IFAM entwickelten Simulationstools rundete das sehr informative Seminar ab. Eine Wiederholung des von den Teilnehmern als sehr empfehlenswert bewerteten Seminars ist noch im Herbst geplant.

*Quelle: www.kba.de

**Quelle: www.ecomento.de

***Quelle: BDEW, Presseinformation, 29. März 2019