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Milchleistung trotz Dürre gestiegen

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 07/2019

Trotz des für die Landwirte extrem schwierigen Jahrhundertsommers 2018 konnte der Geschäftsführer Dr. Ernst Bohlsen auf der Mitgliederversammlung des Landeskontrollverbandes Weser-Ems (LKV) und der Generalversammlung des Milchlabors Weser-Ems eG auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken.

 © GVWE
Das scheidende Vorstandsmitglied des Milchlabors Weser-Ems Wilfried Siems (3. v. r.) neben dem neu gewählten Vorstandsmitglied Wilfried Stolle (2. v. r.). Weiterhin auf dem Bild: Hermann W. Luers (Aufsichtsratsvorsitzender, r.), Anton Fortwengel (Vorstandsvorsitzender, 2. v. l.), Dr. Ernst Bohlsen (Geschäftsführer, 3. v. l.) und Johann Bartels (stellvertretender Geschäftsführer, l.).

Neben der klassischen Milchkontrolle bietet der LKV seinen Mitgliedern immer umfangreichere Dienstleistungen zum Herdenmanagement sowie zur Stärkung von Tierwohl und Tiergesundheit an.

Während die Zahl der Milchbetriebe in Weser-Ems mit durchschnittlich 4,2 Prozent jährlich konstant rückläufig ist, sind die Herden jedoch größer geworden. Der LKV hat inzwischen 380.491 Kühe im Bestand, durchschnittlich werden 102 Kühe auf den Betrieben gehalten. Im Rahmen der Milchleistungsprüfung und der Milchgütebewertung wurden 2018 insgesamt 6.045.443 Milchproben (2017: 6.118.496) mit modernsten Analysegeräten untersucht. Bemerkenswert: Trotz des „Jahrhundertsommers“ ist die durchschnittliche Milchleistung der Kühe in den im Landeskontrollverband Weser-Ems zusammengeschlossenen Betrieben 2018 auf 9.117 Kilogramm angestiegen (2017: 8.831 kg Milch).

Neben der Milchleistungsprüfung und der Milchgütebewertung haben weitere Untersuchungen aus Milch in den letzten Jahren eine bedeutende Rolle eingenommen. Die Trächtigkeitsuntersuchung per ELISA-Test ist bereits seit einiger Zeit als zusätzliche Dienstleistung etabliert. Schnell und präzise werden trächtigkeits-assoziierte Glykoproteine (PAGs) im Labor nachgewiesen. Die Nachweisgenauigkeit liegt bei 98 Prozent und ist somit mit der Sicherheit von Ultraschall vergleichbar.

Auch die Leberegeluntersuchung, das seit 2016 jährliche Untersuchungsangebot im Herbst, wurde von den Betrieben gut angenommen. Von Oktober bis Dezember 2018 wurden knapp 1.324 Proben eingesandt, um einen schnellen Überblick über die Infektionslage im Kuhbestand zu erhalten. Das Ergebnis: Trotz Dürre waren die Ergebnisse im Vergleich zu 2017 nahezu gleichbleibend. Seit etwa einem Jahr hat der LKV Weser-Ems auch die Weiterleitung der Milchkontrollproben für die Para-TB-Untersuchung in amtliche Labore als Dienstleistung für die Landwirte und die Tierseuchenkasse im Portfolio aufgenommen.

Automatisierung im Labor

Um die MLP-Proben für weitere Analysen, wie zum Beispiel Trächtigkeitsuntersuchungen, nutzen zu können, wird bald das automatisierte Ausschleusen von Proben aus der Milchkontrolle möglich sein. Ein Roboter für die Probenzuführung zum Untersuchungsgerät wurde speziell für die Anforderungen eines Milchlabors entwickelt. Der Prototyp ist bereits seit einem Jahr im Milchlabor in Leer im Einsatz. „Mit dem Roboter können wir nicht nur die Abläufe in unserem Labor weiter optimieren und unser Dienstleistungsangebot weiter ausbauen, sondern auch unsere Mitarbeiter im Labor von einseitiger körperlicher Belastung entlasten“, so Dr. Bohlsen. Dass die Mitarbeiterfürsorge und die Reduzierung körperlicher Belastungen einen großen Stellenwert haben, zeigt auch die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements beim LKV und Milchlabor 2019.

Forschungsprojekte

Geschäftsführer Dr. Bohlsen berichtete auch über zwei Forschungsprojekte, an denen der LKV beteiligt ist. So wird aktuell mit dem Rechenzentrum vit und anderen Landeskontrollverbänden an einer frühzeitigen Erkennung von subklinischer Ketose gearbeitet, um zukünftig wertvolle Hinweise auf mögliche Stoffwechselstörungen in der Frühlaktation zu erhalten. In einem weiteren Projekt mit Universitäten und anderen Partnern wird die Beeinflussung der Methan- und Stickstoffemissionen in der Milcherzeugung durch innovatives Fütterungscontrolling und -manage-
ment untersucht.

Milchkontrolle in der Zukunft

Die Digitalisierung hat schon längst den Kuhstall erreicht. Modernste Sensoren und elektronische Geräte erfassen eine Vielzahl von Daten, die aber zu wenig genutzt werden. „Wir ertrinken in Informationen und hungern nach Wissen“, zitierte der Geschäftsführer den US-amerikanischen Autor John Naisbitt. Die Herausforderung bleibt, diese Daten intelligent zu verknüpfen, auszuwerten und dann dem Landwirt für ein optimales Herdengesundheitsmanagement aussagekräftig bereitzustellen. Hierzu wird weiter an Lösungen gearbeitet, die die Daten aus verschiedenen Quellen (vit, Sensoranbieter etc.) miteinander verbinden.

Auch die digitalen Anwendungen für das Herdenmanagement NETRIND und
HERDEplus werden ständig weiterentwickelt und von vielen Landwirten genutzt. Das Herden-Informationssystem NETRIND hat inzwischen knapp 1.000 Nutzer und kann mit SenseHub gekoppelt werden, einem System, das neben Daten der Brunst-erkennung auch zahlreiche Informationen zu Gesundheitsdaten der Kühe erfasst.

Für eine einfache Tiererkennung mit elektronischen Ohrmarken stellte Dr. Bohlsen eine vom LKV mitentwickelte kostengünstige Lösung vor, die besonders für Betriebe ohne vorhandene elektronische Tiererkennung interessant ist.

Wahlen zum Vorstand

Für den LKV und das Milchlabor standen auch turnusgemäße Wahlen des Vorstands an. Beim LKV wurden Tobias Blank, Dr. Ludwig Diekmann, Herbert Heyen, Dr. Josef Pott und Hans-Willi Warder wiedergewählt. Das langjährige Vorstandsmitglied Tebbe Meyer schied aus dem Vorstand aus. Als Nachfolgerin wurde Friederike Deumelandt gewählt.

Beim Milchlabor stand beim Vorstand Herbert Heyen zur Wiederwahl und wurde erneut als Vorstandsmitglied bestätigt. Wilfried Siems schied aus dem Vorstand aus Altersgründen aus. Für ihn wurde Wilfried Stolle als neues Mitglied in den Vorstand gewählt. Die Aufsichtsräte Henning Cornelius und Joachim Geerdes wurden in der Wahl als Aufsichtsratsmitglieder bestätigt.

Fachvortrag brachte interessante Erkenntnisse

Die Mitgliederversammlung des LKV endete mit dem spannenden Vortrag „Müssen wir unsere Jungrinderaufzucht überdenken?“ von Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft.

Sie betonte, dass mit der Kälber- und Jungrinderaufzucht ein wesentlicher Grundstein für die Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit der späteren Milchkühe gelegt werde. Die Nährstoff- und Energieversorgung der Tiere hängt nicht nur von der Rationsgestaltung und -zusammensetzung ab, sondern ganz erheblich von der realisierten Futteraufnahme. Die aber ist in der Praxis in kaum einem Betrieb bekannt und wird nicht kontrolliert. In diesem Bereich liegen laut Prof. Dr. Mahlkow-Nerge große Potenziale, um einerseits die Tiere wirklich bedarfsgerecht zu versorgen und andererseits, um Kosten in der Jungrinderaufzucht einzusparen. Der Besamungszeitpunkt müsse sich nach dem tatsächlichen Gewicht der Jungrinder, nicht vordergründig nach deren Alter, richten.