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Gemeinsam Zukunft im ländlichen Raum gestalten

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 10/2019

Zum ersten Mal trafen die stiftenden Organisationen der vier neuen Stiftungsprofessuren mit dem Präsidium und Vertretern der drei Fakultäten der Universität Vechta zusammen, um das Startsignal für die Gestaltung eines neuen Forschungsclusters „Nachhaltigkeitsorientierte Transformationsforschung“ zu geben.

 © Universität Vechta/Kreutzhecker
Freuen sich darauf, gemeinsam die Zukunft des Nordwestens zu gestalten (v. l.): Uwe Bartels (Vorsitzender Agrar- und Ernährungs-forum), Johann Wimberg (Landrat Landkreis Cloppenburg), Dr. Johannes Wilking (Vorsitzender Kreislandvolkverband Vechta), Herbert Winkel (Landrat Landkreis Vechta), Dr. Martin Kühling (Vorstandsmitglied Volksbank Vechta eG), Dr. Barbara Grabkowsky (Geschäfts- führerin Verbund Transformationswissenschaft agrar Niedersachsen), Florian Schnürer (Geschäftsführer Fakultät III), Prof. Dr. Burghart Schmidt (Präsident Universität Vechta), apl. Prof. Dr. Karl-Martin Born (Studiendekan Fakultät II), Dr. Marion Rieken (Vizepräsidentin Universität Vechta), Bernhard Walgern (Geschäftsführer AGRAVIS Mischfutter Oldenburg/Ostfriesland GmbH), Prof. Dr. Jantje Halberstadt (Studiendekanin Fakultät I), Frank Neuenfeld (Geschäftsführer VR-Bank eG Osnabrücker Nordland), Wilhelm Funke (Geschäftsführer Raiffeisen Ems-Vechte), Tom Nietiedt (Vizepräsident IHK Oldenburg), Dr. Tanja Jürgens (Geschäftsführerin Fakultät I), Hermann Mammen (geschäftsführendes Vorstandsmitglied RWG Ammerland-OstFriesland eG), Harald Lesch (Geschäftsführer AGVR in Weser-Ems).

Dieses Forschungscluster soll die aktuellen Veränderungsprozesse in den unterschiedlichen Wertschöpfungssystemen begleiten und Ansätze für neue Bildungsformate, nachhaltige Geschäftsmodelle, Angebote und Dienstleistungen erarbeiten. Gleichzeitig soll es den kulturellen Wandel in den Fokus nehmen und Implikationen für handelnde Organisationen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ableiten.

Schwung erhält das neu geplante Forschungscluster durch vier Stiftungsprofessuren, die ab 2021 ihre Tätigkeit an der Universität Vechta aufnehmen sollen und die Wissenschaftler*innen an der Universität ideal ergänzen. Dabei handelt es sich um vier Professuren zu den Themenbereichen Transformationsmanagement, Innovation und Entrepreneurship, Bioökonomie und Ressourceneffizienz sowie nachhaltigkeitsorientierte Produktionsökonomie. Dafür stellen die Landkreise Cloppenburg und Vechta, die Oldenburgische IHK, die Genossenschaftsbanken, die AGRAVIS Raiffeisen, mehrere Raiffeisen-Genossenschaften in Weser-Ems sowie Wirtschaftsunternehmen der Agrar- und Ernährungsbranche rund vier Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre bereit.

Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems, Harald Lesch, begrüßte ausdrücklich diesen neuen Forschungsschwerpunkt der Universität: „Die ländlichen Räume haben große Herausforderungen zu bewältigen. Diese betreffen insbesondere die Zukunftsfestigkeit der Agrar- und Ernährungswirtschaft und somit auch die in der Region verankerten Genossenschaftsbanken und die Raiffeisen- Genossenschaften. Daher benötigen wir starke regionale und überregionale Partnerschaften und Ansätze, die wissenschaftlich fundiert, aber auch für die Unternehmen der Region umsetzbar sind. Die Genossenschaftsorganisation fördert daher eine Professur, die gesellschaftliche und regionale Veränderungsprozesse begleitet und methodische Ansätze für einen Austausch relevanter Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft erarbeitet, um so mit Veränderungen konstruktiv umgehen zu können.“

Für die Einrichtung einer Professur, die auch unter Berücksichtigung des Mittelstands in der Region zu Innovationen forschen und lehren soll, hat sich die Vollversammlung der Oldenburgischen IHK ausgesprochen. IHK-Vizepräsident Tom Nietiedt bekräftigte den Beschluss: „Ländliche Räume dürfen den Anschluss nicht verlieren. Dabei spielen technische, ökonomische, ökologische, aber auch soziale Innovationen eine wesentliche Rolle. Wir vertrauen darauf, dass die Universität Vechta über eine praxisorientierte Forschung Impulse für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, innovative Dienstleistungen, aber auch politische Rahmenbedingungen geben kann.“

Der Vorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums im Oldenburger Münsterland, Landwirtschaftsminister a. D. Uwe Bartels, freute sich, dass die Universität nun künftig noch stärker auf die Entwicklung der Region blicken und entsprechende nachhaltigkeitsorientierte Zielbilder für zukunftsorientierte Wirtschaftsnetzwerke und Produktionssysteme entwickeln könne. Bartels wies darauf hin, dass die entsprechende Grundlage für einen Masterstudiengang Transformationswissenschaft bereits im Februar 2019 von Wissenschaftsminister Björn Thümler unterzeichnet worden sei und weitere zusätzliche Studiengänge geplant seien. Das gebe der Universität Vechta neue Möglichkeiten. Zur Stiftungsprofessur, die von Unternehmen der regionalen Wirtschaft getragen wird, sagte er: „Die Region zeigt mit ihrem Engagement für die Universität Vechta, dass sie sich für die Zukunft verantwortungsbewusst aufstellt und den unabhängigen Blick und fachlich fundierte Anregungen für eine Weiterentwicklung wertschätzt.“

Die Landräte aus Vechta und Cloppenburg, Herbert Winkel und Johann Wimberg, betonten, dass beide Landkreise das Ziel verfolgen, die Stärkung der anwendungsorientierten Forschung in den für die örtliche Wirtschaft zentralen Branchen zu fördern. Die gut aufgestellte regionale Landwirtschaft kann so, gestützt durch eine wissenschaftliche Begleitung, den stetigen Transformationsprozessen aktiv begegnen und diese mitgestalten.

Die gemeinsame Idee der Stifter, gezielt in die Forschung an der Universität Vechta zu investieren, entstand vor dem Hintergrund des aktuellen wirtschaftlichen, ökologischen, kulturellen und gesellschaftlichen Wandels. Dieser hat zu einem neuen gesellschaftlichen Selbstverständnis, neuen Konsum-, Informations- und Kommunikationsmustern und -mechanismen, aber auch zu Strukturveränderungen in verschiedenen Wirtschaftssystemen geführt. Gleichzeitig sind die ökologischen Herausforderungen (Klimawandel, Mikroplastik, Verlust der Biodiversität, Nährstoffüberschüsse, Tierwohl)sowie die digitale Transformation und neue Technologien (Insekten als Tierfutter, Fleisch aus dem Reagenzglas) Beispiele für die Herausforderungen von Politik, Verwaltung und Unternehmen im Nordwesten Niedersachsens. Die Stifter der vier Stiftungsprofessuren haben genau dies im Blick, die den Nordwesten an den zukunftskritischen Scheideweg stellen könnten. Daher sind eine unabhängige Perspektive, konstruktive und kritische Impulse aus der Wissenschaft sowie ein Dialog auf Augenhöhe entscheidend für die eigene Zukunftsfähigkeit. Eine Stärkung der Universität Vechta erscheint aus der Perspektive der agrarisch geprägten ländlichen Räume im Nordwesten eine notwendige Investition in die Zukunft.

Die Universität Vechta schärft mit dem geplanten Forschungscluster ihr Profil. Universitätspräsident Prof. Dr. Burghart Schmidt dankte den Stiftern für ihre tatkräftige Unterstützung bei der weiteren Entwicklung der Hochschule. Schmidt sagte: „Unser Leitmotiv für das Forschungscluster ist Nachhaltigkeit. Nur im Einklang mit ökologischen, sozialen und ökonomischen Angeboten, Dienstleistungen und entsprechend ausgerichteter Bildung kann unsere Gesellschaft zukünftig verantwortungsbewusst und gut leben.“

Zudem betonte Schmidt, dass die Universität Vechta auch künftig ganz klar ihre Schwerpunkte bei der Ausbildung von kompetenten Lehrkräften und den Bereichen soziale Dienste und Kulturwissenschaften haben werde. Parallel dazu habe sich die Universität Vechta in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur entschieden, Veränderungsprozesse in ländlichen, agrarisch geprägten Räumen als weiteren zentralen Schwerpunkt von Forschung und Lehre einzurichten. Dies sei bereits über den Hochschulentwicklungsplan dokumentiert. Für die Einrichtung eines entsprechenden Forschungsclusters seien jetzt die Weichen gestellt worden, um alle relevanten Disziplinen der Universität Vechta einzubeziehen und ein strategisch gut durchdachtes Fundament für die Zukunft zu legen.